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aus dem Saale entfernt und sich aus ihr Zimmer be¬
geben; dorthin folgte ihr nun der Kurprinz. Als er un¬
angemeldet bei seiner Gemahlin eintrat, fand er sie auf
dem Sopha sitzend in Thränen; diese Thränen schienen
ihm ein neuer Beweis ihrer Schuld zu sein. „Wenn
Sie um den verlorenen Handschuh weinen, Madame",
sagte er kalt, „so trocknen Sie Ihre Thränen; derselbe
ist gefunden. Ich will Ihnen auch sagen, wo er sich fand.
In einem dunklen Gartenhause habe ich selbst ihn auf¬
gehoben, und ich sah, wie Sie Sich mit einem Herrn
schnell entfernten, als ich mich nahte. Sprechen Sie,
wer ist der Unverschämte, dem Sie Sich nicht scheuten,
Ihre Ehre und die meiuige preiszugeben?" Die Prin¬
zessin sprang auf, Leichenblässe bedeckte ihr Gesicht, ihre
Thränen waren plötzlich versiegt. „Wer wagt es", sprach
sie mit zitternder Stimme, „eine solche Verleumdung
gegen mich auszusprechen? Nicht mit einem Schritte
habe ich mich aus dem Saale entfernt, bis vor kurzem,
als ich den Verlust meines Handschuhs bemerkte, ich mich
hierher zurückzog. Und Sie, mein Herr, schenken einer
solchen Verleumdung Ihr Ohr? Habe ich das um Sie
verdient?" „Glauben Sie doch nicht, mich mit einem
solchen Märlein bethören zu können," antwortete Georg
Ludwig hohnlächelnd; „ich habe den Beweis Ihrer Un¬
treue in meiner Hand; ich sagte Ihnen ja, daß ich selbst
es war, der den Handschuh aufhob. Versuchen Sie des¬
halb keine Ausflüchte; ich verlange den Namen des Elenden
zu wissen, damit ich mich an ihm rächen kann". Aber
stolz wendete die Prinzessin sich ab. „Auf solche elende
Beschuldigungen", sprach sie, „habe ich keine Antwort.
Wenn Sie meinen Worten nicht glauben wollen, so kann
ich Ihnen nicht helfen. Thun Sie, was Sie wollen, ich
kann Ihnen keine weitere Auskunft geben".
Eva von dem Knesebek hatte sich, als sie ihre Herrin
im Saale vermißte, von bangen Ahnungen getrieben,
ebenfalls nach dem Zimmer derselben begeben. Im Vor¬
zimmer schon hörte sie die Stimme des Prinzen, und mit
Entsetzen vernahm sie die unerhörten Beschuldigungen,
Tie mann, Die Burgfrau von Ahlden. 7