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B. Asien.
mäßig im Essen und Trinken, genießt er meist nur gegen Abend eine ordent¬
liche Mahlzeit, wovon der Pillau, Reis mit Geflügel oder anderem Fleisch
auf sehr mannigfaltige Weise zubereitet, das Hauptgericht ausmacht; außer-
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dem werden viel Backwerk, Mehlspeisen und Eingemachtes genossen. Die
Scherbets, das gewöhnliche Tischgetränk, werden aus mancherlei Obst¬
säften bereitet; doch liebt der Perser auch, heimlich Wein und Branntwein
zu genießen. Der Taback wird vermittelst des Kaliun, in welchem der
Rauch durch Wasser geleitet wird, geraucht. Tänzer und Tänzerinnen,
auch wohl Fechter und Ringer, dürfen bei großen Gastmählern nicht fehlen;
auch am Märchenerzählen und Vorlesen von Gedichten finden die Perser
großes Vergnügen.
Die Parsen, auch Gebern oder Gauern, d. h. Ungläubige ge¬
nannt, wahrscheinlich Ueberreste der ältesten Bewohner dieser Länder, welcbe
auch noch die alte Religion ihrer Väter, die Gottheit unter dem Symbol
des Feuers anzubeten, beibehalten haben. Bei dem Vordringen der Araber
wurden sie größtenteils ausgerottet oder vertrieben; viele flüchteten in die
nördlichen oder südlichen Gebirgsgegenden, wo man sie noch heute antrifft,
viele nach Indien, wo sie durch Handel reich geworden. In Persien sind
sie ein geringes, durch Redlichkeit und reine Sitten, großen Fleiß im Acker¬
bau und in der Baumzucht, Geschicklichkeit in Anlegung von Bewässerungs¬
anstalten u. s. w. ausgezeichnetes, friedliches Völkchen von etwa 60,000
Seelen. Ihr Gesetzbuch, das Zend-Avesta, welches wir aber nur in
Bruchstücken besitzen, stammt von Z o r o a st e r oder Z e r d u s ch t (Saratustro),
der seine religiösen Ansichten wahrscheinlich nicht lange vor Cyrus verbrei¬
tete. Durch dieses interessante Werk haben sich die alten Zend- und
Pehlewi-Sprachen erhalten; die erstere ist dem ältesten Sanskrit nahe
verwandt, die andere ist mit semitischen Wörtern gemischt. Die heutigen
Gebern sprechen einen mit arabischen und neupersischen Worten gemischten
Dialekt.
Von den Armeniern, deren ettva noch 60,000 unter per-
sischer Herrschaft stehen, ist schon früher gesprochen. Die Juden, etwa
25,000, leben wie in Europa meist in den Städten vom Kleinhandel und
sind arm; sie müssen hier irgend ein Abzeichen an der Kleidung tragen.
Seit einer Reihe von Jahren ist eine neue Religionssecte aufgetreten,
die bereits zu bedeutenden Bewegungen Veranlassung gegeben hat, die Secte
der Babis (Babi heißt Thor, Pforte), gestiftet von dem Kaufmann Syed
Ali Mohammed, eine Art Pantheismus, Vergötterung der Naturkräfte,
ohne Annahme der Existenz einer persönlichen Gottheit. Die fanatischen
Muhammedaner verfolgen
auf das Aeußerste und verhängen über sie.
besonders seit der Zeit, da einige Anhänger der neuen Lehre einen Angriff
auf das Leben des Schah, Nassar-udin, versuchten, in der Weise der
furchtbaren persischen Justiz die grausamsten Strafen: in Einschnitten ihres
Leibes werden Lichter angezündet; man gräbt sie, mit dem Kopf nach oben
den Erdboden; man bindet
Stücke
oder nach unten, bis zur Hälfte des Leibes in
sie vor die Mündung der Kanonen und schießt sie in tausend
Der Stifter der Secte selbst wurde 1850 erschossen. Wie alle
Religionsversolgungen haben diese Grausamkeiten keine andere Wirkung her¬
vorgebracht, als die: die Anhänger der neuen Lehre mit Heroismus zu er-
fiillen und ihre Zahl zu mehren.
u. s. w.