10. Der ßciienkönig.
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£1 g war einmal ein Hase, mit dem trieben die andern immer
ihren Spott, weil er kurzsichtig war. Er war aber klüger
als alle. Einmal saß er mit seinen Kameraden in eines
Bauern Garten und tat sich am jungen Kohl gütlich. Da sahen
5 die andern den Bauer mit einem großen Knüttel kommen und
machten sich heimlich davon und ließen den Kurzsichtigen sitzen.
„Das soll einen Spaß geben!" sagten sie.
Ehe sich's der verratne Hase versah, bekam er einen so ge¬
waltigen Schlag, daß ihm die Sinne vergingen. Er machte einen
io Satz und lief, was er laufen konnte.
Als er nach Hause in den Wald kam, lachten die andern und
fragten, wie ihm die Prügel bekommen seien.
„Prügel?" sagte der, „den will ich sehen, der mich prügelt.
Ich machte dem Bauern große Augen und blickte ihn grimmig an,
15 da nahm er Reißaus, denn er hielt mich für einen Löwen. Seht,
so blitzte ich ihn an!" Und er machte so große Augen, daß es
den andern ganz unheimlich wurde.
2.
Am andern Tage saß der Kurzsichtige wieder mit zweien
seiner Kameraden auf einem Krautfelde, als der Jäger kam. Da
liefen die beiden davon, der Kurzsichtige aber dachte, sie wollten
ihn nur zum besten haben, machte aber endlich ein Männchen,
5 um sich umzusehen. Hui! Wie pfiffen ihm die Schrote um den
Kopf! Aber er hatte Glück, der Schuß war daneben gegangen.
Als er nach Hause kam, verspottete er die andern und sagte:
„Ihr seid rechte Feiglinge! Denkt wohl, ich hätte den Jäger nicht
gesehen? Freilich sah ich ihn, aber ich machte gleich ein Männchen,
io da hielt er mich für einen Bären und warf die Flinte weg. Der
Schuß fuhr in den Boden, der Jäger aber lief, was hast du, was
kannst du, in den Wald!"
Nun wußten die andern sich vor Staunen über so unerhörte
Kühnheit nicht zu fassen, bekamen vor dem Helden noch größere
15 Achtung und baten ihn, er möge ihr Feldherr sein. „Ja, das
will ich!" sagte der Kurzsichtige.