20 Ich will dir sagen, was die Meinung ist: Bleibe du eine reiche
Stadtmaus und friß Würste und Speck; ich will ein armes
Feldmäuslein bleiben und meine Eicheln essen. Du bist keinen
Augenblick sicher vor dem Kellner, vor den Katzen, vor so viel
Mäusefallen, und ist dir das ganze Haus Feind; solches alles
25 bin ich frei und sicher in meinem armen Feldlöchlein.“ —
In großen Wassern fängt man große Fische,
aber in kleinen Wassern fängt man gute Fischlein. —
Wer reich ist, hat viel Neider, Sorge, Gefahr.
Martin Luther nach Äsop.
144. Der Fuchs und die Kühe.
s trug sich zu, daß die Katze iu einem Walde dem Fuchs
begegnete. Und weil sie dachte, er ist gescheit und wohl
erfahren und gilt viel in der Welt, so sprach sie ihm freundlich
zu: „Guten Tag, lieber Herr Fuchs, wie steht's, wie geht's?
5 Wie schlagt ihr euch durch in dieser teuren Zeit?" Der Fuchs,
alles Hochmuts voll, sah sie an vom Kopf bis zu Fuß und
wußte lange nicht, ob er etwas antworten sollte. Endlich sprach
er: „O du armer, buntscheckiger Wicht, du Huugerleider und Mäuse¬
jäger, was kommt dir in den Sinn? Fragst du, ob mir's wohl
io gehe, und ich bin ein Herr über hundert Künste!"
Die Katze wollte ihm bescheidentlich antworten; aber in dem
Augenblick kam ein Dachshund dahergelaufen. Wie der Fuchs ihn
sah, machte er, daß er in seine Höhle kam. Die Katze aber sprang
behend auf eine Buche und setzte sich in den Gipfel, wo Äste und
15 Laubwerk sie ganz verbargen. Bald kam der Jäger, und der
Dachshund spürte den Fuchs und packte ihn. Wie die Katze das
sah, rief sie ihm hinab: „Ei, Herr Fuchs, seid ihr doch mit euren
hundert Künsten stecken geblieben? Hättet ihr hinaufkriechen können
wie ich, so wär' es nicht um euer Leben geschehen."
Brüder Grimm.
145. Der Wolf und der Fuchs.
1. Wie es dem Wolf und dem Fuchs beim Lä mm er¬
st ehlen erging.
er Wolf hatte den Fuchs bei sich, und was der Wolf wollte,
das mußte der Fuchs tun, weil er der schwächste war, und
der Fuchs wäre gerne des Herrn los gewesen. Es trug sich zu,
daß sie beide durch den Wald gingen, da sprach der Wolf: „Rot-