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Menschen; diese sind gefallen durch der Qötter Fügung um ihres
ruchlosen Tuns willen; ihnen galt kein Mensch auf Erden etwas,
der ihnen nahte, bös oder gut; so haben sie sich durch ihren Frevel
dies schmähliche Ende zugezogen.“ — Drauf hieß er die Mägde
die Leichen hinaustragen und in den Hallen des inneren Hofes
niederlegen, eine über die andere, den Boden aber und die schönen
Sessel und Tische reinigen mit Wasser und lockeren Schwämmen.
Und Eurykleia brachte Schwefel und Feuer und räucherte im Saal,
in den Gemächern und im Hofe. Dann stieg sie zum Söller hinauf,
um der Herrin zu verkünden, daß der treue Gemahl daheim sei;
eilig regten sich ihre Knie und Füße; sie trat ihr zu Häupten und
sprach: „Wach auf, Penelopeia, geliebtes Kind, daß du mit Augen
schauest, wonach du Tag für Tag verlangt! Odysseus ist kommen
und weilt im Hause, der spät Heimgekehrte, und hat die stolzen
Freier erlegt, die das Haus ihm verwüstet, das Gut verpraßt und
den Sohn bedrängt haben.“ Ihr antwortete die sinnige Penelope:
„Mütterchen, dich haben die Götter betört, welche auch Ein¬
sichtige töricht und den Albernen klug zu machen vermögen; sie
müssen dir’s angetan haben, da du sonst verständigen Sinnes warst.
Was spottest du mein in meiner tiefen Trauer mit solchem Geschwätz
und weckst mich aus dem süßen Schlummer, der mir die lieben
Wimpern bedeckte? So tief habe ich noch niemals geschlafen, seit
Odysseus nach dem unseligen Ilion, des Name vertilgt sei, aus¬
gezogen. Nun geh hinab und zum Saale zurück; hätte mir eine
andere meiner Frauen solche Meldung gebracht und mich im Schlafe
gestört, so hätte ich sie hart angelassen und weggeschickt; dich
schützt diesmal dein Alter.“
Und es antwortete die geliebte Amme Eurykleia: „Wie sollte
ich dein spotten, geliebtes Kind! Nein, wahrhaftig, Odysseus ist
kommen und weilt im Hause, wie ich sage; der Fremde, den alle
im Saale beschimpft, war niemand anders als er. Telemachos wußte
es längst, daß er herein sei; aber klug hielt er des Vaters Vor¬
haben geheim, um der übermütigen Männer Gewalttat zu ahnden.“
So sprach sie; da ergriff jene die Freude, sie sprang vom Lager auf,
umarmte die Alte, und Tränen entströmten ihr. Doch nochmals
wurde sie irre an der Nachricht und wollte mit eignen Augen schauen,
was geschehen. Sie stieg vom Söller herab und überschritt die
steinerne Schwelle; Odysseus gegenüber setzte sie sich in des Feuers