Full text: [Sechster Teil = [Klasse 4], [Schülerband]] (Sechster Teil = [Klasse 4], [Schülerband])

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deutschen Länder — Schwaben, Bayern und Lothringen — noch in loserem 
Zusammenhang umschlossen. 
Hatte auch Heinrich schon Otto, seinen ältesten Sohn von Mathilde, 
als seinen dereinstigen Nachfolger bezeichnet und die Zustimmung der 
Fürsten zu dessen Wahl gewonnen, so war doch die Wahlhandlung selbst 
dadurch keineswegs beseitigt, und schon mochten hie und da sich Zweifel 
regen, ob es geraten sei, nach dem Willen des Vaters Otto auf den 
Thron zu erheben. Manche legten Gewicht darauf, daß Heinrich, der 
zweite Sohn, erst nach seines Vaters Thronbesteigung geboren sei, während 
Otto, der vorher das Licht der Welt erblickt hatte, nur zum Herzog von 
Sachsen bestimmt schien. Der junge Heinrich selbst soll, als ihm Otto 
auf dem Reichstage zu Erfurt durch die Wahl des Vaters vorgezogen 
wurde, erbittert und voll kindischen Trotzes die Worte gesprochen haben: 
„Edleres Blut rinnt in meinen Adern!" So gewiß auch Mathilde den 
letzten Willen ihres Gemahls ehrte und die Pflicht der Mutter, den 
Frieden zwischen ihren Söhnen zu erhalten, nie aus den Augen ließ, so 
gewiß hing doch ihr ganzes Herz an Heinrich, in dem sie das Ebenbild 
des Vaters erblickte. Keiner der Jünglinge im Sachsenlande kam ihm, 
der eben damals zu den Jahren der Mannbarkeit heranreifte, an Schönheit 
gleich; mit bewunderungswürdiger Geschicklichkeit führte er die Waffen, 
unermüdlich war er bei Mühen und Anstrengungen, und obwohl er hei߬ 
blütig und voll brennenden Ehrgeizes war, schien er doch in allem be¬ 
dachtsam. Wenn ein strenger Ernst, ein finsterer Zug schon von früher 
Jugend an seine Stirn umdüsterte, so wußte man, daß er auch das vom 
Vater geerbt hatte, dem nimmer ein leichtfertig Wort entflohen war, der 
selbst beim Spiele seine gebietende Haltung niemals verloren hatte. Leicht 
gewann sich so Heinrich wie einst sein Vater die Herzen der Menschen, 
und besonders sah man im Sachsenlande gern auf den fürstlichen Jüng¬ 
ling, während sein älterer Bruder nicht gleicher Gunst sich erfreute. 
Denn in Otto regte sich ein anderer Geist, den die meisten für Stolz 
und Hoffart hielten, und den selbst die Mutter lange nicht zu fassen 
vermochte. Er zählte erst vierundzwanzig Jahre, doch ahnte man in ihm 
schon den Mann, dem ein festes Regiment Bedürfnis war, der Ergebenheit 
und Gehorsam unweigerlich verlangte, und der den Thron um mehr als 
eine Stufe zu erhöhen gedachte. Mit Selbstgefühl trat er auf, sein Blick 
schweifte hoch und weit, und hellstrahlende Tugenden konnte niemand in 
ihm verkennen; vor allem mußte unerschütterliches Gottverträuen, felsenfeste 
Treue gegen seine Freunde und Großmut gegen gedemütigte Feinde jeder¬ 
mann an ihm rühmen. Man sah ihn oft heiter und freundlich erscheinen, 
er ergötzte sich gern auf der Falkenjagd; da hörte man ihn wohl auf ab¬ 
gelegenen Pfaden die lieblichsten Weisen singen. Offen trat er jedem 
entgegen, niemand zeigte sich weniger mißtrauisch als er. Und doch er¬ 
weckte seine Nähe mehr Bangigkeit als Vertrauen. Brauste er in
	        
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