I. Des Landmanns Haus und Heimat.
a) Haus und Hof.
1. Das walte Gott.
Das walte Gott, der helfen kann!
Mit Gott fang' ich die Arbeit an.
So Gott nicht hilft, so kann ich nichts;
Wo Gott nicht gibt, allda gebricht's.
Das walte Gott!
Karl Simrock.
2. Ein hausspruch.
Stets habe ich es für eine löbliche Sitte gehalten, das Haus mit
einem sinnigen Spruche zu schmücken, und es freus mich von Herzen, daß
dieser Brauch, der eine Zeitlang veraltet schien und zu verschwinden be⸗
gann, neuerdings wieder zu Ehren gekommen ist. Manches neugebaute
Haus trägt an seiner Stirn ein Zeichen des Sinnes, in welchem der Be⸗
szer es hat aufführen lassen, und den er mit dem Hause auf Kinder und
Kindeskinder zu vererben wünscht.
Vor einigen Jahren kam ich in ein Dorf unweit der Weser, wo es
wenige Häuser gab, an denen nicht der Balken über der Tür oder ein
eingemauerter Stein dem Eintretenden ein erbauliches oder belehrendes Wort
entgegengerufen hätte. Es waren größtenteils Inschriften, wie man sie
auch sonst zu finden pflegt. Ich las: „An Gottes Segen ist alles gelegen,“ —
„Uüͤsern Eingang segne Gott, unsern Ausgang gleichermaßen,“ — „Der
Herr beschütze dieses Haus und die hier gehen ein und aus“ und Sprüche
aͤhnlichen Inhalts. Einer derselben, in Plattdeutscher Mundart abgesfaßt,
nahm sogar eine fast trotzige Wendung: „Wat frag' ick na de Lü' — Gott
helpet mi'“. Ganz besonders aber zog mich ein Wort an, das ich mit
goldenen Buchstaben über der großen Tür eines besonders stattlichen
und sauberen Bauernhauses hart am Ende des Dorfes fand: „Die mit
Tränen säen, werden mit Freuden ernten. Psalm 126, Vers 5.“
Gewiß hat diese Inschrift eine ganz besondere Veranlassung und
Bedeutung, dachte ich und blieb eine Weile vor dem Hause stehen, ehe ich
meinen Weg fortsetzte dem nächsten Dorfe zu. Während ich noch sann,
ging der Pfarrer vorüber; wir boten einander den Gruß und kamen
sogleich in ein Gespräch über den Spruch am Hause. „Das Wort hat
allerdings, wie Sie es sich gedacht haben, seine besondere Geschichte, sagte
der Pfarrer; „ich kann sie Ihnen unterwegs erzählen, da Sie wohl auch
dem Dorfe zugehen, das drüben liegt und wohin ich gerufen bin, einen
Kranken zu besuchen.“ Gern schloß ich mich dem freundlichen Herrn an
und hörte mit Teilnahme seine Mitteilungen.
Landwirtschaftliches Lesebuch. 6. Auflage.