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Anastasius Grün (Graf von Auersperg, geb. 1806) in seinen „Spazier—
gängen eines Wiener Poeten“ und in „Schutt; “ Niembsch von Strehlenau
mit dem Dichternamen Nik. Lenau (geb. 1802 zu Csatad in Ungarn, und 1850
im Irrenhaus gestorben) in seinen vom Hauch der Schwermuth angewehten Polen—
liedern und in seinen größern Dichtungen „Faust,“ „Savonarolä“ und „Die Al—
bigenserz Joseph Freiherr von Zedliß (geb. 1790), Dramatiker und Ly⸗
riker („Todtenkränze,“ „Die nächtliche Heerschau““). Dagegen fand auch die zer—
störende demokratische Leidenschaft ihren Ausdruck in den beiden böhmischen Dichtern
Alfred Meißner, geb. 1822, („Ziska⸗) und Moritz Hartmann, geb. 1821,
(„Kelch und Schwert“). — Ganz fern von Politik hielten sich der Epiker und Dra—
matiker Joh. Ladisl. Pyrker (geb. in Ungarn 1772 und gest. 1847 als Erz⸗
bischof von Erlau) in seinen epischen Dichtungen: „Perlen der heiligen Vorzeit,“
„Tunisias oder Zug Karl's V. gegen Tunis,“ „Rudolfias oder Rudolf von Habs—
burg;“ Castelli, Verfasser der Travestie „Der Schicksalsstrumpf,“ Franz Dein—
hardstein u. A.
H. Die geistliche Dichtkunst.
Mit dem Wiederaufblühen der deutschen Nationalliteratur in der Mitte
des 18. Jahrhunderts versuchte man auch einen neuen Aufschwung der in
tiefen Verfall gerathenen geistlichen Dichtkunst. Das Verdienst aber, wenig—
stens den Versuch gemacht zu haben, den heiligen Gesang wieder in das
geistige Leben der Deutschen hereinzustellen und zur Nationalsache zu machen,
gebührt zwei Sängern aus dem sächsischen Dichterkreise, Gellert und
Klopstock.
Wenn in den ersten Zeiten nach der Reformation die Glaubens- und Bekenntniß—
lieder durch die Welt schritten, wie ein Eroberxer, so hatte dagegen die geistliche
Poesie der Aufklärungsperiode init dem Feinde im eignen Lager zu kämpfen uünd den
Glauben, wie einen verlornen Posten, gegen den Andrang des Zeitgeistes zu verthei—
digen. Daher sind Gellert's Lieder mehr nur auf Belehrung gerichtet, das Christen—
thum erscheint in denselben nicht als göttliche That, sondern als heilige Lehre, und
nur einmal („Gott ist mein Lied!“) erhebt sich sein Gesang zum psalmistischen
Schwunge, und sein Reformationslied („Wenn Christus seine Kirche schützt“) durch—
weht die ungewohnte Kraft. der alten Heldenzeit. Dennoch haben Gellert's Lieder
zum Theil bis heute im Munde des Volks eine treue Bewahrung gefunden und bei
Vielen von Denen, welchen der Sinn für die Kraft, Tiefe und Schoͤnheit der ältern
Lieder verschlossen blieb, das Kirchenlied als solches in Ehren gehalten. Um Gellert
als ihr Muster und Vorbild gruppiren sich die geistlichen Liederdichter: Ad. Schle—
gel Munter, Chr. Neander, Buüͤrde uͤ. A.
Klopstock schlug als geistlicher Liederdichter einen zu hohen Ton an, er stand
nicht in, sondern über der Gemeinde. Seine Lieder sind zu kunstmäßig, mehr
Hymnen und Oden, daher auch nur wenige („Auferstehn, ja auferstehn wirst du“)
in den Mund des Volks gekommen sind. Noch weniger sind Herder's geistliche
Dichtungen ein Eigenthum der Gemeinde geworden, da in ihnen nirgends der Ton
aus den „Stimmen der Völker“ widerklingt, für welche er doch selbst der Neuzeit
exst das Ohr und das Herz geöffnet hat. An Klopstock reihten sich Uz, Sturm,
Lavater, Cramer, während der Lutheraner Matthias, Claudius, der Re—
formirte Heinrich Jung-Stilling und der Herrahuter W. von Wobeser
sich mehr gegen den Zeitgelst abschlossen.
In der Zeit der Aufklärung fing man auch an, die alten Kernlieder entweder
ganz aus den Gesangbüchern zu entfernen oder sie dem Zeitgeschmack gemäß zu
machen. Es entstand eine wahre Gesangbuchsrevolution, ein wahres Babel von
neuen Gesangbüchern in den vielnamigen deutschen Landeskirchen und statt der alten
Lieder voll Einfalt und Kraft gab man immer uͤnkräftigere und wässrigere.
Da erschien als Vorläufer einer Epoche des wiederkehrenden Glaubensliedes am
Eingange unsers Jahrhunderts Novalls. Dieser reichbegabte und hochgebildete
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