Full text: Lesebuch für die Sonntagschulen der Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern und Schwaben und Neuburg

Eine Wanderung durchs Donaumoos. 
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Wer sich das Donaumoos als eine einzige grobe Sgumpffläche mit 
häblichen Moorwiesen und Morasttümpeln vorstellt, macht sich von dieser 
Landschaft ein ganz falsches Bild. Uns ging es ebenso und wir waren 
nicht wenig erstaunt, als wir lenthalben die wogenden Roggenfelder 
und das fruchtbare Gemüseland sahen. Wir machten der Bäuerin, die 
hinter uns kam und der wir uns zugesellten, daraus kein Hebl. 
„Das Rorn da ist nicht übel.“ 
„Korn!“ wiederholte die Bauersfrau mit stolz leuchtendem Blick, 
„o, schöner als draußen im „Land‘! Das glaub' ich.“ Mit dem „Land“ 
cint gie die Dörfer ein paar Stunden draußen vor dem Moose. 
„Und Rartoffeln erst, Herr; die sind bei uns so schön und wach- 
sen so gut wie nicht leicht wo. Der Boden da — sie zeigte auf kohl- 
cEvwarze Torfmullkrume, worauf Rartoffelstauden standen — ist mit 
Unrecht verschrien. Er wär' schon recht, wenn bei uns der Reitf 
nicht wär'.“ 
„Warum? Mas ist's mit dem? 
„Ja der Reit ist bei uns im Moos halt am meisten zu fürchten. 
Plötzlich, oft noch NMitte Juni, fliegt er daher und brennt uns über 
Nacht unsere schönsten Kartoffelfelder zusammen, dab sie ganz schwarz 
gind. Und das Merkwürdigste ist, er tut es blob platzweise, ja auf dem- 
gelben deker oft nur stellenweiss. vehen die, da auf dem Rar- 
toftelfelde ist in der Mitte ein vom Reif beschädigter Fleck so grob wie 
ungefähr der Tanzsaal bei unserm Wirt. Weiter oben an der Strabe, 
Volin vir nachber kommen, ist ein Rartoffelacker, den der Reif ganz 
ruiniert hat, vährend der Acker links neben dem Rartoffelfelde ganz 
unbeschädigt ist. — 
Da ist jetzt mein neuer Acker; den haben wir erst heute in der 
dtadt protokollieren lassen.“ 
„Der Grund ist grobß und scheint gut.“ 
„Das mein' ich! Er mißt etwas über drei Tagwerk und kostet 
ein grohes Stück Geld.“ 
„Wie hoch kommt etwa ein Iagwerk?“ 
„Herr, der ganze Grund kostet 1100 Mark. Es wird sich also 
das Tagwerk ungefähr auf 370 Mark berechnen.“ 
Im Moos! Das ist aber nicht billigl? 
Billig? Für die besten Gründe bei uns zahlt man sogar 400 bis 
450 Mark, also mehr als draußen im Land. Preilich, dié Mutter von 
meinem Mann, eine geborene Nöslerin, weib es noch und hat es uns 
oft erzählt, dab früher das Tagwerk um eine Mark gekauft werden 
konnte Es ist halt anders geworden seit der Zeit.“ 
„Und wie man wohbl wird sagen dürken — aueh besser.“ 
Gewib, was den Grund und Boden anbelangt. Pr ist auch jetzt 
noch immer in Umwandlung. Die Leute lassen es sich angelegen sein. 
gehen Sie: hier gleieh rechts von der Straße ist eine wüste Streuwiese. 
Da iet in einer Zeile — etwa hundert Schritte lang und einen Sehritt 
breit — der speckige Rasen als Torf ausgestochen. Nenn der nebenan 
geschichtete TForf getrocknet ist, wird wieder eine Zeile ausgestochen. 
Lesebuch für Sonntagschulen. 
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