76. Eine Kaffee- und Zuckerplantage auf Cuba.
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Blattes tragend). Und Stamm für Stamm derselbe regelmäßige,
schlanke Wuchs! Wie man sich Angerona nähert, erblickt man als
schönen Hintergrund der bis dahin flachen Gegend die Gebirge, welche
sich hoch und in den kühnsten Formen auftürmen. Eine vierfache, wohl
zehn Minuten lange Säulenreihe von Königspalmen bildet die un—
vergleichlich schöne Avenue (Anfahrt) von Angerona, eine Avenue, wie
kein europäischer Palast eine ähnliche besitzt. Die gastlichste Aufnahme
harrte meiner, und neben dem Reiz, welchen eine gastfreie deutsche
Häuslichkeit und der Genuß eines paradiesisch schönen Landes den Reisen—
den bot, gewährte der Anblick einer durch deutschen Fleiß in höchste Blüte
gebrachten Besitzung das höchste Interesse. Die Pflanzung Angerona,
eine der schönsten der Insel, enthält an 1900 Morgen Landes, davon
800 Morgen Kaffeefeld, 250 Morgen Zuckerfeld, 550 Morgen Weide—
und Wiesenland, 150 Morgen Wald und an 150 Morgen für Gebäude
und nächste Umgebung derselben. Das Ganze ist einem Parke ver—
gleichbar; prächtige Palmenalleen durchziehen es und begrenzen die
einzelnen Kulturabteilungen; der Kaffeebaum wird in Reihen zu 2m
von einander gepflanzt und durch jährliches Beschneiden in der Höhe
von nur 1,5m und einem Umfang von 1m Durchmesser erhalten;
er wird mit drei Jahren tragbar, und bei guter Pflege auf einem nicht
zu sehr geschwächten Boden dauert er bis zu 30 Jahren. Das Erdreich
wird deshalb häufig vom Unkraut gesäubert und nur Mais und Bananen
dazwischen geduldet; der eigentliche Kaffeeboden ist ein rötlicher, diesem
Teil Cubas eigentümlicher Kalkboden. Nachdem in den ersten Tagen
des Frühlings die weißen Blüten hervorgetreten und im Laufe des
Sommers die hellroten, der Corneliuskirsche ähnlichen Beeren gereift
sind, wird vom September bis Januar, hauptsächlich aber im November
und Dezember, die Ernte gehalten, indem während dieser Zeit die ganze
Pflanzung wohl achtmal durchgepflügt wird. Die Beeren werden nun
auf großen Tennen unter freiem Himmel einen Monat lang getrocknet,
dann in einer Stoße oder von einem schweren hölzernen Rade gequetscht
und die so abgehülsten Bohnen in einer Fegemühle vollends von der
Schale gereinigt. Dann werden sie von Negerinnen an langen Tischen
Bohne für Bohne sortiert, eine langwierige Arbeit, und endlich zum
Verkauf zentnerweise in Säcke von Aloebast geschüttet, was nicht zu
lange verschoben werden darf, damit die Bohnen nicht die Farbe
verlieren. Die erste und zweite Sorte sind wenig verschieden, die dritte
) Dieser Spitze halber gilt sie auf einigen westindischen Inseln wohl mit Recht
für einen guten Blitzableiter.