Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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99. Der Handel der Alten Welt. 
Arabern wieder erreichen; eine Menge blühender und bevölkerter Staaten 
und Städte drängte sich von den Küsten des Mittelmeeres bis zum Euphrat 
und Tigris und hinab zum Meerbusen, in den sie sich ergießen. Die erste 
große Weltstadt, Babylon, tritt in ihren Ufern hervor aus der Dämmerung 
der Geschichte. Schon der Prophet Ezechiel nennt sie die „große Kaufmann— 
stadt, in welcher der Handel blüht“. Auch die persische Oberhoheit, welche sich 
am weitesten erstreckte und am längsten dauerte, war dem Handelsbetrieb 
und Gewerbfleiß eher günstig als schädlich. Die Perser, obgleich selbst ein 
kriegerisches Volk und nur mit der Waffenführung beschäftigt, liebten doch 
Glanz und Luxus und ließen daher Handel und Industrie ungestört für 
ihre Befriedigung sorgen. Jener Landhandel mußte besondere Formen und 
Eigenschaften annehmen, bedingt durch die Eigentümlichkeit der geographischen 
Lage und Bodenbeschaffenheit. Bei der ungeheuren Ausdehnung zumal 
Mittelasiens und den nomadisierenden Räubervölkern, die dort seit undenk— 
lichen Zeiten einheimisch sind, war es Sache der Notwendigkeit, den Verkehr 
in Vereinigung zu einer zahlreichen und starken Gesellschaft zu betreiben. 
Diese Handelsvereine sind die Karawanen, welche von Zeit zu Zeit aus— 
gerüstet wurden, von einem bestimmten Ort ausgingen und auf fest vor— 
gezeichnetem Wege die Reise zurücklegten. Inmitten der Steppen und Wüsten 
hingestreute Oasen bildeten die unentbehrlichen Ruhepunkte, wo Käufer und 
Verkäufer sich oft zu begegnen pflegten, wo Gasthöfe (Karawansereien) gebaut 
wurden, selbst ganze Niederlassungen entstanden, unter deren Schutz man 
handelte, ja die nicht selten das Ziel frommer Wallfahrten wurden. Nicht 
minder mußte der Karawanenhandel seine bestimmten Stapelplätze haben, 
wo die Niederlagen des großen Warenmarktes waren. Bemerkenswert ist 
die Stetigkeit, womit Jahrhunderte, ja selbst Jahrtausende lang die Straßen 
des alten Landhandels festen Gang und gleichmäßige Richtung eingehalten. 
Heutzutage ziehen die Karawanen zwischen Rußland und China, zwischen 
Tombuktu und Tunis auf denselben von der Natur unveränderlich vor— 
geschriebenen Wegen, als einst die Baktrier und Babylonier, die Karthager 
und Cyrener. 
über die Schiffsbaukunde und die Nautik der damaligen Zeit sind die 
Nachrichten sehr mangelhaft, technische Berichte und kunstverständige Er— 
klärungen finden sich in den alten Klassikern nicht, und vielleicht dürfen 
einzelne Abbildungen, die auf uns überkommen sind, noch die zweckdienlichste 
Darstellung gewähren. Als ältestes Fahrzeug erscheint unstreitig das Floß, 
zunächst für den Gebrauch auf Flüssen und Seen, dann auch auf dem Meere 
zu kurzen Fahrten längs der Küste oder zu einer nahen Insel. Man gab 
ihm später Ruder, Steuer und Segel, wie es in dieser Gestalt noch jetzt bei 
wilden Völkern vorkommt. Die Segel wurden anfangs aus Schilf und 
Baumrinde gefertigt. Schon ein Schritt weiter ist der Kahn, ausgehöhlt 
aus einem Baumstamm. 
Historische Nachrichten über Schiffahrt und Schiffsbau existieren zuerst 
von den Phöniziern. Durch ihre geographische Lage in einem unfruchtbaren
	        
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