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Grashalm mehr wachsen konnte; in der Mitte aber stand Frau
Hütt, die Riesenkönigin, versteinert, und wird so stehen bis zum
jüngsten Tag.
2. In vielen Gegenden Tirols, besonders in der Nähe von
Innsbruck, wird bösen und mutwilligen Kindern die Sage zur
Warnung erzählt, wenn sie sich mit Brot werfen oder sonst Über¬
mut damit treiben. „Spart eure Brosamen," heißt es, „für die
Armen, damit es euch nicht ergehe wie der Frau Hütt!"
204. Ter reichste Fürst. 1495.
1. Preisend mit viel schönen Reden
ihrer Länder Wert und Zahl,
saßen viele deutsche Fürsten
einst zu Worms im Kaisersaal.
2. „Herrlich," sprach der Fürst von Sachsen,
„ist mein Land und seine Macht;
Silber hegen seine Berge
wohl in manchem tiefen Schacht."
3. „Seht, mein Land in üpp'ger Fülle,"
sprach der Kurfürst von dem Rhein,
„gold'ne Saaten in den Tälern,
auf den Bergen edlen Wein!"
4. „Große Städte, reiche Klöster,"
Ludwig, Herr zu Bayern, sprach,
„schaffen, daß mein Land den euren
wohl nicht steht an Schätzen nach."
5. Eberhard, der mit dem Barte,
Württembergs geliebter Herr,
sprach: „Mein Land hat kleine Städte,
trägt nicht Berge silberschwer;
6. doch ein Kleinod hält's verborgen:
daß in Wäldern noch so groß
ich mein Haupt kann kühnlich legen
jedem Untertan in Schoß."