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legen die Landleute Hand an das Werk. Sichel und Sense werden
geschärft, und vom frühen Morgen bis zum späten Abend sieht
man fleißige Schnitter im Felde. Die hochgewachsenen Früchte
werden mit der Sichel abgeschnitten. Das geht langsam und müh¬
sam; denn der Schnitter oder die Schnitterin muß gebückt stehen
und mit der Hand jeden Büschel Halme fassen, den er abschneiden
will, hierauf denselben hinter sich in eine Reihe legen. Dabei
sticht man sich an den Disteln, und wenn man barfuß ist, auch an
den Stoppeln. Und nun noch die Hitze, welche um die Zeit der
Ernte am allerheftigsten zu sein pflegt! Da verdienen die Leute
im Schweiße ihres Angesichtes ihr Brot. Dabei arbeiten sie emsig,
weil jedermann Regen fürchtet, oder daß die Frucht zu reif werde
und die Körner ausfallen. Das Schneiden wird meistens von
Weibern besorgt, aber das Binden der Halme in Garben, das Auf¬
stellen auf hohe Haufen, sowie das Aufladen auf den Wagen und
das Einbringen in d'ie Scheuer ist ein Geschäft der Männer. Auch
das Mähen des Hafers und der Gerste erfordert so viel Stärke,
daß man es den Männern überläßt. So schwer aber die Arbeit
bei der Getreideernte ist, so sind die Landleute doch fröhlich dabei,
singen und machen oft Kränze an die Wagen.
3. Wie schön ist es aber auch draußen auf dem Felde! Wohl
jedem gefällt ein Acker mit wallender Gerste, wenn der Wind sie
bewegt, oder mit gelbem Weizen, dessen Ähren sich von ihrem Ge¬
wichte senken. Und wie herrlich steht der blühende Klee da! wie
lieblich duftet er! Oder wie schimmert ein Acker mit gelb blühendem
Reps zwischen dem grünen Getreide! und wieder der Flachs mit
seiner himmelblauen Blüte! Und nun hört man den Schlag der
Wachtel, welche im Getreide ihr Nest hat; den wirbelnden Ge¬
sang der Lerche, welche in die Luft steigt, das Zirpen der Heimchen,
das Summen der Bienen und die Stimmen so vieler Tiere, die
der liebe Gott erschaffen hat. Deshalb gefällt es auch mir besser
im Felde als in der Stube, und ich freue mich, wenn die Sonne
scheint und alles hinausgeht. Curtman.
43. Strohhalm, Kohle und Bohne.
1. In einem Dorfe wohnte eine arme, alte Frau, die hatte
ein Gericht Bohnen zusammengebracht und wollte sie kochen.
Sie machte also auf ihrem Herd ein Feuer zurecht, und damit