Full text: Lehr- und Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen

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141. Vollsseene aus „Egmont“. 
Jetter und ein Zimmermeister treten zusammen. 
Zimmermeister. Sagt ich's nicht voraus? Noch vor acht Tagen auf 
der Zunft sagt' ich, es würde schwere Händel geben. 
9 Jetter. Ist's denn wahr, daß sie die Kirchen in Flandern geplündert 
aben? 
Zimmermeister. Ganz und gar zu Grunde gerichtet haben sie Kirchen 
und Kapellen. Nichts als die vier nackten Wände haben sie stehen lassen. Lauter 
enn Und das macht unsere gute Sache schlimm. Wir hätten eher, 
in der Ordnung und unsere Gerechtsame der Regentin vortragen und 
darauf halten sollen. Reden wir jetzt, versammeln wir uns jetzt, so heißt es, wir 
gesellen uns zu den Aufwieglern. 
Jetter. Ja, so denkt jeder zuerst: was sollst du mit deiner Nase voran? 
Hängt doch der Hals gar nah damit zusammen. 
Zimmermeister. Mir ist's bange, wenn's einmal unter dem Pack zu 
lärmen anfängt, unter dem Volk, das nichts zu verlieren hat. Die brauchen das 
zum Vorwande, worauf wir uns auch berufen müssen, und bringen das Land 
in Unglück. 
Soest tritt dazu. 
Soest. Guten Tag, ihr Herren! Was giebtss Neues? Ist's wahr, daß 
die Bilderstürmer gerade hierher ihren Lauf nehmen? 
Zimmermeister. Hier sollen sie nichts anrühren. 
Soest. Es trat ein Soldat bei mir ein Tabak zu kaufen; den fragt 
ich aus. Die Regentin, so eine wackere, kluge Frau sie bleibt, diesmal ist 
außer Fassung. Es muß sehr arg sein, daß sie sich so geradezu hinter ihre Wache 
u Die Burg ist scharf besetzt. Man meint sogar, sie wolle aus der Stadt 
flüchten. 
Zimmermeister. Hinaus soll sie nicht! Ihre Gegenwart beschützt uns, 
und wir wollen ihr mehr Sicherheit verschaffen, als ihre Stutzbärte. Und wenn 
sie uns ünsere Rechte und Freiheiten aufrecht erhält, so wollen wir sie auf den 
Händen tragen. 
Seifensie der tritt dazu. 
Seifensieder. Garstige Händel! Üble Händel! Es wird unruhig und 
ge schief aus! — Hütet euch, daß ihr stille bleibt, daß man euch nicht auch für 
ufwiegler hält. 
Soest. Da kommen die sieben Weisen aus Griechenland. 
Seifensieder. Ich weiß, da sind viele, die es heimlich mit den Kalvi— 
nisten halten, die auf die Bischöfe lästern, die den König nicht scheuen. Aber ein 
treuer Unterthan, ein aufrichtiger Katholike! — 
Es gefellt sich nach und nach allerlei Volls zu ihnen und horcht.) 
Vansen tritt dazu. 
Vansen. Gott grüß euch, Herren! Was Neues? 
Zimmermeister. Gebt euch mit dem nicht ab, das ist ein schlechter Kerl. 
Jetter. Ist es nicht der Schreiber beim Doktor Wiets? 
Zimmermeister. Er hat schon viele Heyren Erst war er Schreiber, 
und wie ihn ein Patron nach dem andern fortjagte, Schelmstreiche halber, pfuscht 
er jeßt Nolaren und Advokaten ins Handwerk, und ist ein Branntweinzapf. 
Es tłommt mehr Voll zusammen und steht truppweise.) 
Vansen. Ihr seid auch versammelt, steckt die Köpfe zusammen. Es ist 
immer redenswert. 
Soest. Ich denk' auch.
	        
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