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Weibliche Erwerbsarbeit.
des Kakao. Einige Probesäcke stammten auch aus unseren Kolonien Kamerun
und Deutsch-Ostafrika. Wieviel Säcke freilich in unserer Fabrik zu sehen sein
müßten, wenn die 190 Millionen kg Kakao, die die ganze Welt erzeugt, oder
doch aller Kakao, den Deutschland verbraucht — ungefähr für 45 Millionen
Mark — allein bei uns verarbeitet würde, das kann ich mir auch mit meiner
lebhaften Phantasie nicht vorstellen.
Dem Kakao, der zu uns kommt, ist schon in seiner Heimat der herbe Ge—
schmack durch Gärung genommen worden. Bei uns werden die Bohnen von
geschulten Arbeitern zunächst gesiebt und nach ihrer Güte gesondert. Dann
schüttet man sie in große Trommeln, wo sie ähnlich geröstet werden wie die
Kaffeebohnen. Sind sie wieder erkaltet, so müssen sie in die Brech- und
Reinigungsmaschinen. Unbarmherzig zerbrechen und zerkleinern die Walzen,
zwischen die sie hier kommen, die Bohnen; gleichzeitig werden die Kakaobohnen
hier auch von der Schale befreit. Mühlen vollenden die Zermalmung; als
ganz mehlfeine, pulverige Masse geht der Kakao aus den Mühlen hervor.
Nun ist es Zeit, daß zu dem einen Rohstoff ein anderer kommt. Schokolade
soll süß schmecken. Deshalb wird zu dem Kakao Zucker hinzugetan, uͤnd ge—
waltige Mischmaschinen zwingen beide, einen innigen Bund miteinander ein—
zugehen. Damit die Schokoladenmasse recht fein und breiig wird, muß sie von
riesigen Granitwalzen auf erwärmten Platten bearbeitet werden. Hierauf bleibt
die Masse einige Tage im Kältekeller stehen. Durch einen Entlüftungsapparat
wird hierauf die Luft herausgetrieben, damit die zukünftigen Schokolaädentafeln
keine Blasen bekommen. Aus diesem Apparat quillt die Schokoladenmasse nun
in Form eines langen Stranges heraus. Ein von der Maschine bewegtes
Wesser schneidet gleichlange Stücke davon ab, und im Klappersaal werden diese
Stücke in Blechformen gedrückt und auf großen, von Elektrizität auf und ab
bewegten Rüttelvorrichtungen ausgebreitet und geebnet. Hier geht es freilich
nicht still her; vor dem lauten, klappernden Geräusch kann man kaum sein
eigenes Wort verstehen. Die Tafelschokolade, der durch Maschinen inzwischen
der Fabrikstempel eingedrückt worden ist, braucht nun nuͤr noch in einen Kühl—
raum zu wandern. Kühlröhren, an denen Schnee haftet, sorgen hier für rasche
Abkühlung. Jetzt ist die Schokolade zum Verpacken fertig.
Schokolade soll aber auch in allerhand anderen Formen der Menschen
Augen und Gaumen erfreuen. In besonderen Räumen, der Figurenabteilung,
gießen deshalb Mädchen die flüssige Schokolade in Formen. Im Formsaal
sind andere Arbeiterinnen, vor allem große und starke Mädchen, und Arbeiter
guch an Maschinen tätig. Die Maschine formt hier allerhand Schokoladensachen.
Uber Kälte brauchen sich die hier Beschäftigten nicht zu beklagen.
Viel Fleiß, Geschmack uͤnd Sorgfalt wird bei allen Erzeugnissen der
Schokoladenfabrik noch auf die Verpacküng verwendet. Flinke Hände legen in
besonderen Packräumen die kleinen süßen Kunstwerke in Bonbonnieren aller Art
und Größe, andere binden zierliche Schleifchen daran. An langen Tafeln sitzen
die Arbeiterinnen, unter ihnen auch ich. Ich habe eine „leichte“ Hand und
eigne mich deshalb besonders zu derartigen Arbeiten. Hierher wandern auch die
Erzeugnisse der Zuckerköche, Fruchtsaftbereiter, Modelleure, Maler, die unzähligen
Marzipansachen, Bonbons, Pfefferminzkügelchen, gebrannten Mandeln usw., bei
deren Aufzählung einem schon das Wasser im Munde zusammenläuft.
Sind die Schokoladen- und Zuckerwaren sorgfältig in Kartons und Kisten
verpackt, mit Holzwolle und Papierspänen gehörig geschützt, dann kommen sie
in den Versandraum. Geübte Packer legen hier die leßte Hand an. Roll—
wagen bringen dann das vielbegehrte Gut zur Bahn.