Tanzstunde. 
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„Nehmen Sie eine ungezwungene Haltung an!“ mahnte Merkle. „Die 
Dame muß sich anschmiegen. In natürlicher Grazie, aber nicht zärtlich! So 
ist es schon besser. Eins, zwei, drei — vier, füns, sechs! Gut! Bravo! Es 
geht ganz ordentlich, Herr Mang. Sie müssen nur Zwanglosigkeit zeigen.“ 
Sylvester kam mit Ehren um den Saal herum, und der Tanzmeister 
sagte: „Sie werden eine gute Figur auf dem Kränzchen machen; ich wäre 
sehr froh, wenn alle Herren so vorgeschritten wären.“ 
Diese Ubungen wurden nämlich nicht abgehalten in dem Streben, dem 
Körper die höchste Schönheit zu verleihen; sie hatten einen besonderen Zweck. 
Die studentische Verbindung „Klio“ wollte ein Kränzchen veranstalten, 
und ihre jungen Mitglieder mußten sich darauf vorbereiten. 
Der erste Ball. 
Der Ball wurde abgehalten im Hackerbräusaale; er begann des Abends 
acht Uhr mit einer Polonaͤse und endete am frühen Morgen mit einem Kotillon; 
begann mit steifen Verbeugungen der jungen Männer, scheuen Blicken der 
Mädchen und endete mit fröhlichem Plaudern, begann mit einem schmerzlichen 
Lächeln des Herrn Merkle und endete mit der ausdrucksvollen Gebärde seiner 
Zufriedenheit. 
Sylvester war frühzeitig gekommen und stand an der Saaltüre mit den 
anderen Studenten. Keiner zeigte Fröhlichkeit oder jugendlichen Leichtsinn. 
Einige zerrten an ihren Handschuhen, andere richteten ihre Scheitel; alle blickten 
sorgenvoll in die Welt. 
Merkle trat unter sie und gab ihnen die letzten Verhaltungsmaßregeln. 
„Also ein devotes Komplimang, wenn Damen eintreten. Anweisen der 
Plätze durch die Komiteemitglieder. Sieht man Bekannte, so eilt man auf 
sie zu, begrüßt sie herzlich und ist ihnen behilflich. Und heiter, meine Herren! 
Fröhliche Mienen! Damit sofort eine gehobene Stimmung Platz greift. Mit 
dem Engagieren erst beginnen, wenn die Gäste vollzählig erschienen sind! 
Man nähert sich hierbei der jungen Dame bis auf zwei Schritte, macht ein 
Komplimang, tritt noch einen halben Schritt vor und sagt: „Gnädiges Fräulein, 
darf ich ergebenst um die Tanzkarte bitten?“ Dann zeichnet man seinen Namen 
mit deutlicher Schrift ein; die Dame tut das gleiche. Es ist Sache der Herren, 
sich genau den Namen, auch den Platz der Dame zu merken. Verwechslungen 
können zu sehr unangenehmen Ereignissen führen. Und jetzt noch einmal, 
fröhliche Mienen! Man kommt.“ 
Ein Diener öffnete die Saaltüre. 
Ein beleibter Herr, eine stattliche Dame, zwei Engel in rosafarbenen Kleidern. 
Der lange Jakob Hufnagel stürzte auf sie los, als wollte er einen feind⸗ 
lichen Angriff gegen sie ausführen. Die stattliche Dame wich ihm aus, und 
Merkle eilte herbei, um diese erste Verwirrung zu schlichten. 
Es gelang ihm, die Familie zu beruhigen und dem beleibten Herrn zu 
erklären, daß sich der Präses Hufnagel lediglich die Ehre geben woͤlle, den 
Herrschaften Plätze anzuweisen. 
Von jetzt an war die Saaltüre in steter Bewegung. Duftige Gestalten 
schwebten herein, geschmückte Mädchen drängten sich aäneinander und flüsterten 
sich Geheimnisse zu kernige Bürger schritten neben ihren Gattinnen einher, 
und über die Köpfe der Eintretenden weg fiel der Blick auf leuchtende Gestalten, 
die sich in der Garderobe aus ihren Mänteln schälten. 
Unaufhörlich flutete es in den Saal, vorüber an den jungen Männern, 
die angesichts der Herrlichkeiten immer beklommener wurden. 
Arbeit und Leben. 
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