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Er wäre von Kosaken gefangen worden, hätte nicht ein Adju—
tant sein Pferd am Zůgel mit fortgerissen und hätten nicht
seine Leibhusaren ihn herausgehauen. „Kann mich denn keine
vermaledeite Kugel treffen?“ rief er in der Verzweiflung.
Ales drängte über die Schiffbrücke auf das linke Ufer der
D 13009 Mann waren tot oder verwundet, und 172 Ge⸗
schütze außer jenen 70, welche sie mittags den Russen weg—
genommen hatten, waren verloren, während die Osterreicher
nur 2000 Tote und Verwundete zählten, die Russen allerdings
viel mehr, nämlich 14000. So war Friedrich nie geschlagen,
so seine Standhaftigkeit nie erschüttert worden. Er übernachtet
auf Stroh in einem von den Kosaken ausgeraubten Bauern—
hause. Das Verzweifelte seiner Lage schildert ein Schreiben
am gleichen Abend an seinen Minister Finckenstein: „Alle meine
Truvpen kamen ins Gefecht und thaten Wunder. Ich sandte
sie dreimal wieder, endlich wurde ich beinahe selber gefangen
enommen, und wir mußten das Schlachtfeld verlassen. Mein
in ist von Kugeln durchlöchert. — Mein Unglück ist,
daß ich noch am Leben bin. Unser Verlust ist sehr beträcht—
lich. Von einer Armee von 48000 Mann habe ich in dem
Augenblicke, da ich dieses schreibe, nicht mehr als 3000 zusam⸗
men und bin nicht mehr Herr meiner Kräfte. In 383
werdet Thr wohl thun, an Eure Rettung zu denken. Es ist
ein grones Unglück, und ich will es nicht überleben; die Folgen
dieser Schlacht werden schlimmer sein als die Schlacht selber.
Ich habe keine Hilfsquellen mehr und, die Wahrheit zu ge—
stehen, ich halte alles für verloren. I will die Vernichtung
meines Vaterlandes nicht überleben. Leben Sie wohl auf im—
mer! F.“ — Von demselben Abend ist ein Schreiben an den
General Finck, welches diesem den Oberbefehl übergibt über die
unglückliche Armee, die nicht mehr im stande sei, sich mit den
Russen zu schlagen. — Hadik werde nach Berlin eilen, viel—
leicht Laudon auch; gehe Finck diesen beiden nach, so würden
ihm die Russen in den Rücken kommen; bleibe er an der Oder
stehen, so komme ihm Hadik in die Seite. Finck solle dem
Prinzen Heinrich, welchen der ni zum Generalissimus er—
kläre, von allem unterrichten, die Armee müsse dem jungen
König schwören. An die Befehlshaber von Torgau, Witten—
berg und Dresden erging der Befehl, wenn sie angegriffen
würden, so ut als möglich zu kapitulieren und nur die Be—
satzung und die Kassen zu retten.
So hielt Friedrich alles verloren und wollte seinem Leben
ein Ende machen. Indes stärkte ihn ein langer Schlaf in der
Bauernhütte; dann tröstete ihn die Nachricht, daß 30 Geschütze
gerettet seien, ferner daß immer mehr Mannschaft sich um ihn