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LXIX. Der junge Biber.
Ein reges Bibervölkchen baute
Das dritte Stockwerk auf sein Haus;
Der jüngsten einer nur saß unbewegt, und schaute
Mit trüber Stirn ins weite Feld hinaus.
»Warum so müßig?« sprach ein alter, weiser Biber.
»Was kümmert dich? Frisch angefaßt!
Dann gehn die Grillen bald vorüber.
Die gute Laune weicht von dem, der Arbeit haßt.«
»Meinst du, ich scheue ste?« versetzte
Der andre; »Müßiggang ist mir die größte Pein,
Und, wahrlich, ich bin nicht der letzte,
Wo etwas Löbliches begonnen wird; allein
Das Werkchen dünkt mich gar zu klein.
Wie könnt' eS einem Freude bringen,
Wenn man, sich höber aufzuschwingen,
Den mächt'gen Trieb im Busen nährt?
O siehe dort an jenen Felsenwandcn,
An jener stolzen Burg die Kunst von Menschenhänden;
Ein solcher Bau ist seines Kranzes werth.
Zur Wolke steigen sie empor, die kühnen Lasten!
Muß da nicht mit beschämtem Blick
Ein Biber auf sein Meisterstück
Herunter sehen?« — »Za, Phantasten,«
Gab ihm der Alte zum Bescheid,
»Wie du, die keine Stunde rasten,
Und dennoch müßig gehn, weil, mit sich selbst entzweit,
Sie nur, was die Natur verbeut,
Zn ihrem Eigendünkel wollen;
Das aber nicht thun, waS ste sollen.
An unsre Hütten hast du noch
Dich nicht gewagt, und träumest doch
Bon Schlössern, hochgethürmt, die an den Himmel reichen.
Fang' an, mit deiner Kunst den Brüdern dich zu weihen.
Denn, wär' es dir vergönnt, den Menschen je zu gleichen,
So müßtest du zuvor der beste Biber sein.«
(I. G. Jakodi.)
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