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sidjett Hause. Ungeladen treten sie in den nächsten Hof, wo beiden 
der gleiche freundliche Empfang zuteil wird. Beim Abschied ist's 
Brauch, dem Gaste zu bewilligen, was er etwa begehrt. Ebenso 
unbedenklich ist eine Gegenforderung. Der Germane hat Gefallen 
an dergleichen Geschenken. 
Von Schaustellungen ist ihnen nur eine bekannt. Junge Leute, 
denen das Spiel Freude macht, tanzen nackt zwischen Schwertern 
und drohenden Frameen. Sie tun es nicht um des Gewinnes oder 
Lohnes willen, sondern zur Freude der Zuschauer. Das Würfel¬ 
spiel treiben die Germanen wie ein ernstes Geschäft mit solcher 
Verwegenheit, daß sie, wenn alles verspielt ist, auf den letzten 
Wurf ihre Freiheit und Person setzen. Willig folgt der Verlierende 
in die Knechtschaft. Welche Hartnäckigkeit in einer so verkehrten 
Sache! Sie selbst nennen es Treue dem gegebenen Worte. 
Den Feind herausfordern und sich Wunden holen, ist für den 
Germanen ehrenvoller, als die Erde pflügen und der Ernte warten. 
Wenn daher das Land in allzulangem Frieden liegt, suchen edle 
Jünglinge meist die Völker auf, welche gerade eine« Krieg führen. 
Den Fürsten zu verteidigen und zu beschützen, ist die erste 
Kriegerpflicht; der größten Schande verfällt, wer, ihn überlebend, 
aus dem Kampfe weicht. Zurückzuweichen, wenn nur wieder ein 
neuer Angriff erfolgt, gilt mehr für ein Zeichen der List als der 
Furcht. 
Nur selten haben die Germanen Schwerter oder lange Lanzen, 
und nur wenige besitzen Panzer, kaum der eine oder der andere 
einen Helm oder eine Sturmhaube. Ihre Speere, Frameen genannt, 
sind nur mit einer schmalen und kurzen eisernen Spitze versehen, 
die aber so scharf und zweckmäßig gearbeitet ist, daß diese Waffe 
zum Fern- und Nahkampf verwendet werden kann. Der Reiter 
begnügt sich mit Schild und Framea. Das Fußvolk schleudert auch 
Wurfspeere, jeder immer mehrere und auf große Entfernung hin. 
Die Schilde malen sie zur Unterscheidung mit verschiedenen Farben 
an. Im Kampfe den Schild zu verlieren, ist die größte Schmach. 
Wer davon betroffen wird, wird ehrlos. Keinem Opfer darf er 
beiwohnen, keine Versammlung besuchen. 
Die Germanen haben eine Art von Kriegsgesängen, durch die 
sie sich zum Kampfe begeistern. Vor allem streben sie nach rauher 
Wildheit des Tones und dumpf grollendem Widerhall. Sie halten 
den Schild vor den Mund, damit die Stimme sich an der Wölbung 
breche und voller und stärker zurückhalle. 
Nach Cornelius Tacitus.
	        
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