Full text: Klasse 9 (zweites Schuljahr) (Teil 1, [Schülerband])

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schneidet die Kornhalme nahe über dem Boden ab. Die Binderin aber 
ist schon dicht hinter ihm, nimmt die niedersinkenden Ähren sorglich in 
den Arm und bindet sie zu Garben, die alsdann zu stattlichen Korn¬ 
haufen aufgerichtet werden. So arbeiten die Landleute fleißig, bis die 
Abendglocke läutet, dann kehren sie müde zum Dorfe zurück, wo das 
Abendbrot und die wohlverdiente Ruhe nach heißer Arbeit ihrer warten. 
156. Der Strohmann. 
Ernst Lausch. 
Ein Bauer hatte einen gar schönen Weizenacker; die Ähren waren 
voll Körner, und die Körner waren voll Mehl, und sie waren beinahe 
reif. Da kamen die bösen Spatzen und fielen ihm in seinen Weizen 
und fraßen die halbreifen Körner, und wenn sie es fortgetrieben hätten, 
so hätte der Mann gar nichts bekommen. Da ging er des Morgens 
in aller Frühe hinaus, um die Spitzbuben zu schießen; allein als er 
hinkam, waren sie schon dagewesen, denn die Spatzen stehen noch früher 
auf als die Bauern. Sie hatten schon wieder ein Stück Weizen aus¬ 
gefressen und saßen nun auf des Nachbars Kirschbaum, naschten Kirschen 
und lärmten, als ob sie sich über ihre Spitzbübereien freuten. Der 
Bauer kratzte sich hinter den Ohren und besann sich, was er machen 
solle, denn seinen guten Weizen wollte er ihnen denn doch nicht lassen. 
Auf einmal fiel ihm ein Mittel ein. Als er nach Hause kam, ergriff er 
einen Stock, so lang wie ein Mensch, wickelte Stroh darum, bis der 
Stock dick genug war, und machte ihm zwei Arme, zog ihm dann seinen 
alten Rock an, setzte ihm seinen alten Hut auf und gab ihm eine große 
Peitsche in die Hand. Als die Spatzen schliefen, nahm er dieses Un¬ 
getüm, trug es hinaus und stellte es mitten in seinen Weizenacker, 
gerade als wenn es ein lebendiger Mann wäre. 
Am andern Morgen, als die Spatzen aufwachten, flogen sie eiligst 
nach dem Acker, wo sie es sich gut schmecken lassen wollten; aber als 
sie hinkamen, siehe, da stand schon der Bauer in seinem alten Rocke 
und in seinem alten Hute und drohete mit der Peitsche. Da es so ge¬ 
fährlich aussah, getrauten sie sich nicht herbeizufliegen, sondern lauerten 
in der Nachbarschaft, ob denn der Peitschenmann gar nicht nach Hause
	        
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