Aber gut war sie darum doch, und der Bub hing an ihr; denn
über ihre Morgensuppe ging ihm nichts; die war so dick, daß der Löffel
drin stecken blieb.
„O, ich kann noch ganz andre Suppe koche,“ behauptete die Alte,
„aber solang' die Gemeind' so geizig ist und kein ordentliches Kostgeld
für dich zahlt, mach' ich ihr gewiß nit den Narr, so gern ich dir auch
was zulieb' tät.“
der Bub fand das in der Ordnung und fühlte sich der Großmutter
für diese Worte um so mehr verpflichtet, als außer ihr noch nie ein
Mensch den Wunsch gegen ihn geäußert, er möchte ihm gern etwas
zuliebe tun.
Aber das Leben des Kuhhirten sollte eines Tages seinem dunklen
Los der Nichtbeachtung entrissen werden.
Es war im letzten Sommer, als dem kleinen Dorf an der Alb—
straße große Ehre widerfuhr. Das badische Sürstenpaar hatte der Ge⸗
meinde ein Kirchlein bauen lassen, und nun kamen die herrschaften selbst
von St. Blasien herübergefahren, um das Werk ihres Baumeisters in
Augenschein zu nehmen. Böllerschüsse ertönten, und es war alles ge—
schehen, den Empfang der hohen Gäste so würdig wie möglich zu ge—
stalten.
Am andern Morgen in der Frühe blieb der hirt, ganz gegen seine
Gewohnheit, mit emporgezogenen Armen und weit aufgerissenen Augen
auf seinem Strohsack sitzen, statt wie sonst, sobald es tagte, das ihm
in der dunklen Ecke der Küche angewiesene Lager zu verlassen.
Was ging ihm aber auch alles im Kopfe herum; war doch der
gestrige Tag der ereignisreichste seines Lebens gewesen.
„Bub,“ hatte der Bürgermeister vor der Ankunft der herrschaften
zu ihm gesagt, „du stehst an der Brück', und wenn der Landesvater
kommt, ziehst 's Hütle, bleibst aber fest an deinem Platz, denn du bist
der Hhirt und gehörst zum Vieh —“
Und er hatte es befolgt; dicht an der Brücke hatte er sich auf—
gestellt, seiner herde zugewandt, die ihren Weidplatz neben der zwischen
Steinblöcken und Geröll einherfließenden Alb hatte.
Und so, mit dem Rücken gegen die Straße, war er auch beim
herannahen des Zuges stehengeblieben, hatte den Filz vom Kopf ge⸗
rissen und mit weithinschallender Stimme den Landesvater leben lassen;
sodann hatte er in ein uraltes, längst ausgedientes Horn hineingeblasen,
das so gräßliche Töne von sich gab, daß ein paar Ziegen in hellem
ssschreck über die umherliegenden Steinblöcke setzten.
Der Landesfürst aber hatte dem eifrig drauflos blasenden Buben
unter herzlichem Lachen auf die Schulter geklopft; dieser war jedoch