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145.
Einkehr.
(Don Ludwig Uhland.)
6Ei einem Wirte wundermild
da war ich jüngst zu Gaste,
Ein goldner Apfel war sein Schild
an einem langen Aste.
Cs war der gute Apfelbaum,
bei dem ich eingekehret;
Mit süßer Kost und frischem Schaum
hat er mich wol genähret.
Es kamen in sein grünes HauS
viel leichtbeschwingte Gäste,
Sie sprangen frei und hielten Schmaus
und sangen auf daß Beste.
Ich fand ein Bett zu süßer Ruh
auf weichen grünen Matten,
Der Wirt, er deckte selbst mich zu
mit seinem kühlen Schatten.
Vun fragt ich nach der Schuldigkeit,
da schüttelt er den Wipfel.
Gesegnet sei er allezeit
von der Wurzel bis zum Gipfel.
146.
Knabe und Schmetterling.
lFabel, von W. Hey.)
SChmetterling, Der Knabe der wollt ihn fangen,
kleines Ding, da bat er mit Zittern und Bangen'
Sage, wovon du lebst, Lieber Knabe, thu es nicht!
daß du nur stets in Lüften schwebst? laß mich spielen im Sonnenlicht!
.Blumenduft, Sonnenschein, Eh vergeht das Abendrolh,
das ist die Nahrung mein.' lieg ich doch schon kalt und todt.
147.
Die Spinnen.
(Don I. P. Hobel. SchatzkSstlein. 1827. Seite 89 ff.)
ÄJe Spinne ist ein verachtetes Thier, viele Menschen fürchten sich sogar
davor, und doch ist sie auch ein merkwürdiges Geschöpf und hat in der Welt
ihren Nutzen. Zum Beispiel: die Spinne hat nicht zwei Augen, sondern acht.
Mancher wird dabei denken, da sei es keine Kunst, daß sie die Fliegen und
Mücken, die an ihren Fäden hangen bleiben, so geschwind erblicke und zu er¬
haschen wiße. Allein das machts nicht aus. Denn eine Fliege hat nach den
Untersuchungen der Naturkundigen viele hundert Augen, und nimmt doch das
Netz nicht in Acht und ihre Feindin, die groß genug darin sitzt. Was folgt
daraus? Es gehören nicht nur Augen, sondern auch Verstand und Geschick
dazu, wenn man glücklich durch die Welt kommen und in keine verbor-