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Als der unterste Wolf das vernahm, riß er sich eiligst los und floh
davon. Der ganze haufen aber stürzte um, und viele Wölfe brachen sich
die Beine, so daß sie schimpfend und schreiend ihren Gefährten nachhinkten.
Der Bauer kletterte indessen gemütlich herab und ging seines Weges.
Diesen Schaden kann der Wolf noch heutigen Tages nicht vergessen
und läuft davon, sobald er nur einen Menschen sieht.
Mathilde Küstermann.
241. Der Zwerg und die Wunderblume.
Ein junger, armer Schäfer aus Sittendorf, an der südlichen Seite
des harzes in der Goldenen Aue gelegen, trieb einst am Fuß des Uyff—
häusers und stieg immer trauriger den Berg hinan. Auf der höhe fand
er eine wunderschöne Blume, dergleichen er noch nicht gesehen, pflückte
und steckte sie an den hut, seiner Braut ein Geschenk damit zu machen.
Wie er so weiterging, fand er oben auf der alten Burg ein Gewölbe
offen stehen; bloß der Eingang war etwas verschüttet. Er trat hinein,
sah viel kleine glänzende Steine auf der Erde liegen und steckte seine
Taschen ganz voll damit.
Nun wollte er wieder ins Freie, als eine dumpfe Stimme erscholl:
„Vergiß das Beste nicht!“ Er wußte aber nicht, wie ihm geschah, und
wie er herauskam aus dem Gewölbe. Kaum sah er die Sonne und seine
herde wieder, schlug die Tür, die er vorher gar nicht wahrgenommen,
hinter ihm zu. Als der Schäfer nach seinem hut faßte, war jhm die
Blume abgefallen beim Stolpern. Urplötzlich stand ein Zwerg vor ihm:
„Wo hast du die Wunderblume, welche du fandest?“ „Verloren,“ sagte
betrübt der Schäfer. „Dir war sie bestimmt,“ sprach der Zwerg, „und
sie ist mehr wert denn die ganze Rotenburg.“
Wie der Schäfer zu haus in seine Tasche griff, waren die glim—
mernden Steine lauter Goldstücke. Die Blume ist verschwunden und wird
von den Bergleuten bis auf den heutigen Tag gesucht, in den Gewölben
des Kyffhäusers nicht allein, sondern auch auf der Questenburg und selbst
auf der Nordseite des harzes, weil verborgene Schätze rucken.
Brüder Grimm.
242. Wie die Vögel singen lernen.
Es war ein schöner Maimorgen, als ich einmal ganz in der Frühe
durch den grünen Wald ging. Die Sonne war auch erst heraufgekommen
und schaute sich mit großen Augen drin um, daß die Tautropfen auf den
Blättern vor Freude blinkten und glitzerten; und überall an den Zweigen
guckten die Vögel herunter, badeten sich im frischen Tau und sangen mit
heller Stimme ein Lied. „O du mein Gott,“ dachte ich, „wie's doch so schön