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19. Bilder aus dem neuen Metz.
Wie im Frühjahr die Knospe die schützende hülle sprengt und der
lockenden Sonne entgegenlacht, also ist es der alten Feste Metz ergangen.
Weit hinausgeschoben sind die Festungswerke; darum durfte der innere
Gürtel fallen. Da, wo einst die tiefen Gräben sich zogen und die hohen Wälle
ragten, ist Haus an Haus, eins immer schöner als das andere, aus dem
eingeebneten Lande emporgewachsen. Was die Knospe versprach, hat die
Blume gehalten. Wohl harren noch manche breite Flächen der Bebauung;
wohl gibt es noch manche Stadtteile, in denen das leiseste Lüftchen den
Sand aufwirbelt und alles in dichte Staubwolken hüllt oder der Regen
die Straßen in wenigen Minuten ungangbar macht. Strahlt aber die
Sonne vom blauen himmelszelt, dann mag man stehen, wo man will, sei
es auf der höhe von Queuleu, sei es auf dem Turme der ehrwürdigen
Kathedrale, sei es am Bismarckstein auf der Prinz Friedrich Karl-Feste:
überall bieten Metz und die beiden Täler der Seille und der Mosel dem
Beschauer ein gleich entzückendes Landschaftsbild.
Wer lange nicht mehr die starke Festung besuchte, dem dürfte es
schwer fallen, wenn er den großen, im romanischen Stil erbauten Bahn—
hof verlassen hat, sich sofort zurechtzufinden. Wir stehen auf einem ge—
räumigen Platz. Dem Bahnhof gegenüber sehen wir eine Keihe schöner
Gasthäuser; besonders aber fesseln unsern Blick die wuchtigen Umrisse des
hauptpostgebäudes. Staunend schreiten wir an seinen Mauern dahin. Da
bemerken wir in einiger Entfernung ein neues Denkmal. Neugierig lenken
wir am schönen Gewerbehause vorbei unsere Schritte dorthin. Von hohem
Sockel herab grüßt uns Kaiser Friedrich III. Nun aber finden wir uns
auch wieder zurecht. Dort steht ja ein lieber Bekannter, der Camouffle—
Turm, ein Kest der ältesten Stadtbefestigung. Nachdem wir noch unsere
Blicke über die breiten Anlagen des Kaiser Wilhelm-Rings haben schweifen
lassen, wandern wir weiter. Durch die Harellestraße — sie erinnert an
jenen kühnen Bürger, der einst durch seine Entschlossenheit die freie Reichs—
stadt Metz vor einem tückischen Üüberfall des Lothringer herzogs rettete —
am Prinz Friedrich Karl-Tor vorbei führt uns der Weg zum General—
kommando, in dem sich auch die Wohnräume für unsern Kaiser befinden.
Wir sind auf der höhe und genießen den herrlichen Blick auf das
Moseltal. Die Insel zu unsern FSüßen, die Symphorieninsel, zum größten
Teil eine weite Grasfläche mit einigen hübschen kleinen Landhäusern
darin, soll dereinst in einen großen Stadtpark umgeschaffen werden. —
Folgen wir dem Weg zur Mosel hinab, so gelangen wir auf eine breite,
neue Straße, die Metz mit dem Vorort Montigny verbindet. Auch hier
sind die alten Befestigungen größtenteils gefallen und wundervolle An—
lagen entstanden. Wir wenden uns rechts zur Altstadt hin. Wir freuen
uns über die Brunnenanlagen zu Füßen der Standbilder Kaiser Wil—
helms J. und Prinz Friedrich Karls, hinter denen sich die unvergleichliche