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Schweiz 366 000 Etr.) während im Jahre 1874 Deutschland von dem
Auslande 400 000 Etr. getrocknetes Obs bezog.
Man kann also annehmen, daß Deutschland alljährlich an frischem,
en und eingemachtem Obste weit über 1 Mill. r aus vem
Auslande bezieht, und an dieser Einfuhr beteiligte sich das Königreich
Sachsen verhaͤltnismäßig am stärksten, weil daselbst der Obstbau mehr dar
niederlag, als in jedem anderen deutschen Lande. Und doch liegen die Ver—
hältnisse in Sachsen nach allen Seiten hin so, daß es nicht nur seinen
ganzen Bedarf an Obst selbst erzeugen, sondern weit über diesen Bedarf
hinaus ausführen könnte.
Selbst die höheren Lagen des Landes, das Erzgebirge und Vogtland,
sind von dem Obstbaue nicht ausgeschlossen, wenn diejenigen Sorten der
verschiedenen Obstgattungen zur Anpflanzung ausgewählt werden, welche
ein rauheres Klima vertragen. Ja, im böhmischen Erzgebirge hat man
sogar die Erfahrung gemacht, daß daselbst alle Gattungen der Obstbäume
meist noch besser gedeihen, als auf dem platten Lande, sobald man es nicht
unterläßt, den klimatischen Verhältnissen Rechnung zu tragen, insbesondere
späte und harte Wirtschaftssorten anzubauen.
Wenn hiernach der Einwand nicht begründet ist, daß gewisse Lagen
eines Landes den Obstbau nicht gestatten, so ist auch der anderweite Ein⸗
wurf nicht haltbar, daß der Obstbau zu viel Zeit in Anspruch nehme und
zu große Mühe erfordere; denn unter allen Kulturgewächsen ist es gerade
der Obstbaum, dessen Anbau und Pflege die geringste Zeit und die wenigste
Mühe in Anspruch nimmt. Einmal angepflanzt und bis zur Tragbarkeit
herangewachsen, verlangt er dann nur noch Beschneiden, Düngen und Ab—
raupen und das Düngen auch nicht in allen Fällen.
Man kann auch nicht sagen, daß der Obstbau den guten Boden
schmälere, den Ertrag unserer Kulturpflanzen beeinträchtige; nicht eine
Spanne Landes braucht der Obstbaum der Kultur zu entziehen, da es
viele und große Flächen giebt, welche der Kullur unzugänglich sind und
nur durch den Obstbau ertragreich gemacht werden können. Hierher ge—
hören die Straßen, die Kommuntkations⸗ und Feldwege, die Eisenbahn—
böschungen, die Flurgrenzen, Fluß- und Bachufer, Triften, Weiden, Berg—
abhaͤnge, Friedhoͤfe, Einfriedigungen, Gebäudemauern, Gras- und Ge—
müsegaͤrten.
9. Anscheinend mit mehr Recht könnte man einwenden, daß durch den
allseitigen und ausgedehnten Betrieb des Obstbaues dessen Ertrag der—
maßen herabgemindert werden müßte, daß er keine Rente mehr gewähren
würde; aber auch dieser Einwurf ist nicht haltbar, wenn man in Betracht
zieht, daß die Bevölkerung mit jedem Jahre wächst, der Konsum infolge⸗
dessen steigt, die erleichterte und verwohlfeilerte Kommunikation die Ver—
sendung des Obstes in die fernsten Länder begünstigt, das Obst durch Zu—
bereitung zur Dauerware gestaltet werden kaun und dann Aushilfe bietet
in obstarmen Jahren, welche de nicht ausbleiben. Übrigens kommt bei
dem Obstbaue nicht lediglich der rtrag an Früchten in Betracht, sondern
von wesentlicher Bedeulung ist auch der Einfluß, welchen er auf die
Besserung des Klimas und dadurch auf den Ertrag der anderen Boden—
produkte ausübt.