Full text: Kleineres Lesebuch für Fortbildungsschulen in Stadt und Land

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abgesondert, das nt mit den Köpfen gegen die Wand gekehrt steht, 
sondern umgekehrt klug und gemütlich dem Thun und Treiben der Herr— 
chaft zusiehi. Der zweile, dahimer liegende Raum, der Wohnplaß der 
Menschen, enthaͤlt den Kochherd mit seiner schwarzen umfangreichen 
Überdachung, in welcher die mächtigen Schinken, n und Speckseiten 
ut werden. Die Schlafstellen der Familie befinden sich an den 
änden herum in sogenannten Schlafschränken, deren Thüren abends 
geöffnet werden. In der Mitte des ganzen Raumes befindet sich der 
große Familientisch. Das Gesinde schläft in Verschlägen beim Vieh oder 
auf dem großen Heuboden über demselben; Huͤhner und Tauben sind 
in kleinen Anbauten an der Tenne untergebracht. Das Ganze über— 
schatten Baͤume; oft sind es hundertjährige Eichen, die ihre Nie auf 
das bemooste Dach des Hauses niedersenten. 
Der Herd ist des Hauses innerstes Heiligtum. Er ist fast in der 
Mitte und so angelegt, daß die Hausfrau, welche dabei sitzt, zu gleicher 
Zeit alles übersehen kann. Ohne von ihrem Stuhl aufzustehen, über— 
sieht sie zugleich 8 Thüren, dankt denen, die hereinkommen, heißt sie bei 
sich niedersitzen, behaͤlt ihre Kinder und ihr Gesinde, ihre Pferde und 
Luͤhe im Auge, hütet Keller und Kammer, spinnt immerfort und kocht 
dabei. Ihre Schlafftelle ist hinter diesem Feuer, und sie behält aus 
derselben eben diese große Aussicht, sieht ihr Gesinde zur Arbeit auf— 
stehen und sich niederlegen, das Feuer anbrennen und verlöschen und 
Ale Würen aufe und zugehen, hört ihr Vieh freffen und beachte 
Keller, Boden und Kammer. Sowie däs Vieh geflutert ist, kann sie 
hinter ihrem Spinnrade ausruhen, anstatt daß anderwärts, wo die Leute 
in Stuben sitzen, so oft die Hausthür aufgeht, jemand aus der Stube 
dem den entgegengehen und die Arbeit so lange versäumen muß. 
Der Platz bei dem Herde ist der schönste unter allen. — Ein rings 
erabhangendes „niedriges Strohdach schützt die schwachen Wände des 
Gebäudes, hall den Lehm trocken, wärint Haus und Vieh und wird mit 
leichter Mühe von dem Wirte selbst ausgebessert. Ein großes Vordach 
schützt das Haus nach Westen und deckt zugleich die Schweinekoben, und 
um endlich nichts zu verlieren, liegt der Mistpfuhl vor der Ausfahrt, 
wo angespannt wird. 
Wo alles unter einem Dache, um ein Feuer beisammen lebt, wo 
der weite Raum der Einfahrt gleichsam ein bedeckter Marktplatz für das 
leine häusliche Gemeinwesen 4 um welchen herum dessen sämtlichen 
Gliedern, Menschen und Vieh, ihre besonderen Plätze angewiesen sind; 
wo eben dieser Raum die Jugend nicht bloß zu angestrengter Arbeit, 
sondern auch zu heiterm Tanz versammelt: da mußte ein haushälterischer, 
hãnglicher Sinn für die Familie, eine größere Anhänglichkeil selbst füt 
da⸗ Vieh, da mußte für den Genuß der Freuden des Lebens im engen 
und bekannten Kreise eine festere Neigung entstehen, als wo alles inner— 
halb derselben Wirtschaft zerfahren und getrennt lebt. 
Gehen wir vom Haus in die Ungebung über, so findet sich der 
Hof einetfeits vom Garten, andererseits von Wiesen- und Acketland 
en Die Felder sind von einem Erdwall umzogen, auf dem dichtes 
Gesträͤuch wächst und knollige Baumwurgzeln unmer neue Sprossen treiben,
	        
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