Ans dem Nibelungenlied.
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11. daß mir und dem Körrig zu neuem Leid Ihr tobt?
Habt Jhr's uns doch immer, Rüdeger, gelobt,
Gut und Blut von Euch sei stets für uns gewagt!
Auch zugestand Euch jeder, Ihr wärt vor allen unverzagt.
12. Ruft Euch meine Gnade und Euren Schwur zurück,
als Ihr verhießt, mir wäre Etzels Hand ein Glück!
Ihr wolltet treu mir dienen, bis unser einer tot:
ich armes Weib ja hatt' es nie bis jetzt so bitter not."
13. „Das leugn' ich nicht! Ich schwur Euch, königliches Weib,
für Euch stets zu wagen Leben, Ehr' rmd Leib:
nie schwur ich zu verlieren die ew'ge Seligkeit.
Zn diesem Feste gab ich den edlen Fürsten das Geleit!"
14. Sie sprach: „Vergiß, Recke, der steten Treue nicht
noch des Schwurs, du rächest einst in Ritterpflicht
meine Trübsale und Leiden unverzagt!"
Der Markgraf gab. zur Antwort: „Ich habe mich Euch nie versagt."
15. Etzel selbst der mächt'ge hob auch an zu flehn;
man konnte fußfällig beide bitten sehn.
Der Markgraf, der edle, schaute düster drein;
der vielgetreue Recke sprach in bittrer Seelenpein:
16. „Weh mir Gottverlaßnem, daß ich erlebt den Tag!
Meine Ehre stürzt heut hin aus einen Schlag
lmd meine Würd' und Treue, die mir Gott bewahrt.
D wehe, Gott im Himmel, daß selbst der Tod mir's nicht erspart!
17. Mag ich dieses lassen und das andre thun,
wird wider mich doch nimmer schwerer Vorwurf ruhn;
meid' ich aber beides, flucht mir alle Welt.
Berate Gott mich gnädig, der ins Leben mich gestellt!"
18. Da baten sie ihn dringend, König und Königin.
Drob verlor das Leben mancher fürderhin
von Rüdegerens Händen, und auch der Edle starb.
Ihr sollt hier vernehmen, welches Leid er sich erwarb.
19. Es sprach zu dem Herrscher der ritterliche Mann:
„Herr König, nehmt mir wieder, was ich von Euch gewann,
das Land mit den Burgen, nichts bleib' in meiner Hand!
Auf diesen meinen Füßen will ich hinans ins fremde Land."
20. Da sprach der König Etzel: „Wer dann hülfe mir?
Das Land zu den Leuten alles geb' ich dir,
daß du, o Held, mich rächest an den Feinden mein!
Ein gewalt'ger König sollst du neben Etzel sein."