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hgltnisse änderten, führten die neue Entwickelung herbei. In der
Regel ist es das Volk selbst, das den König wählt und zu dieser
Würde erhebt und zwar meistens den, welcher bisher schon als
Fürst oder Herzog an der Spitze desselben gestanden hat. Die Ge¬
sammtheit der Volksgenossen wählte, nicht das Gefolge allein; moch¬
ten auch einmal die Getreuen die Anregung geben. Das Königthum
war im Bewußtsein des Volkes wesentlich von jeder anderen Herr¬
schaft verschieden. Fast immer ist es ein bestimmter Akt, durch den
es eingeführt wird, nicht immer ist er historisch nachweisbar, oft
aber wird er wenigstens in der Sage als wichtige Verfassungsverän¬
derung festgehalten.
Das Königthum war nicht nur lebenslängliche, sondern auch
erbliche Gewalt. Die Herrschaft ging aber nicht nach strengem Erb¬
recht von einem auf den andern über, sondern das Königsgeschlecht
hatte nur den Anspruch, daß aus feiner Mitte der König genom¬
men wurde. Das Recht, den Fürsten zu wählen, war nicht auf¬
gehoben, aber an die Familie gebunden, mehr oder minder streng
auf diese beschränkt. Es finden sich, schon aus älterer Zeit, Zeug¬
nisse, daß ein Köniz abgesetzt werden konnte, wegen Untüchtigkeit,
weil er den Göttern verhaßt zu sein schien; doch sind das sehr seltene
Ausnahmen. Der König ist Herrscher, und alles was bei anderen
Stämmen dem Fürsten zusteht, das gehört zum Recht und zur Ge¬
walt des Königs. Der König ist der Anführer im Krieg, und es
kann sein, daß die Kriegsführung bei einigen Völkern den Anlaß
gegeben hat, das Königthum zur Anerkennung zu bringen; aber
die Herrschaft des Königs im Frieden ist von nicht geringerer Be¬
deutung. Der König beruft und leitet die Versammlung, empfängt
die Geschenke, die man ihm darbringt, er hat den Vorsitz im Ge¬
richt, vielleicht die Macht zu richten und zu entscheiden. Das letzte
freilich nur in beschränkter Weise. Nicht eine ungebundene, abso¬
lute Gewalt steht dem König zu. Doch vermochte eine kräftige
Persönlichkeit viel auch ohne strenge Berechtigung.
Auch dem Könige gereichte es zur Ehre, daß er mit zahlrei¬
chem Gefolge umgeben war. An die Stelle der Fürsten waren Kö¬
nige getreten, und diese waren es nun auch, die allein oder doch
vorzugsweise ein Gefolge hielten. Edle und Freie dienten in dem
Gefolge. Wer unter den Franken in ein solches Verhältniß zum
Könige trat, genoß ein dreimal höheres Wehrgeld, als ein anderer
Freier; auch bei den Longobarden waren die Gasindi des Kö¬
nigs, wie hier die Gefährten des Königs heißen, durch größeres
Wehrgeld ausgezeichnet. Am weitesten, am künstlichsten ist dies bei
den Angelsachsen ausgebildet worden, denn hier bestimmte das Ver¬
hältniß zum König, die Art des Dienstes, nicht allein das Wehr¬
geld, sondern auch die sonstige Bedeutung, den Rang des Einzel¬
nen in mannigfacher und gliederreicher Abstufung. Es bildete sich
aus diesen Verhältnissen eine Verschiedenheit des Standes, ein neuer
Adel. Es war das ein reiner Dienstadel, dessen Bedeutung in der
Ehre lag, die ihm der Dienst gewährte. Dieser Dienstadel ist aber
ganz und gar verschieden von dem alten Adel; er hat nichts als die
höhere Ehre, die er genoß, mit ihm gemein. In den Dienst des
Königs trat nicht nur der alte Adel, sondern auch Freie; sogar
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