I. Epische Dichtung.
a. Aus dem Walur- und Menschenleben.
1. Nie Hirsche im Wildgarten.
Wie schön ist hier das Waldgehege,
Die hohen Tannen, der grüne Plan!
Das kann euch Hirschen wohl behagen,
Und doch sieht man es euch nicht an.
Man gibt euch Heu dort in der Krippe,
Im Winter selbst ein warmes Haus;
Bequem könnt ihr spazieren gehen,
Und doch seht ihr so traurig aus!
„Was soll uns das Haus und die Krippe voll Heu!
Wir sind ja gefangen, die Lust ist vorbei.
Wie setzten wir sonst durch Feld und Gestrüpp,
Durch den brausenden Strom, über Stein und Geklipp!
Oft warfen dem Tod wir entgegen die Brust;
Jetzt gehn wir spazieren — vorbei ist die Lust!"
Robert Reinick
2. Das Vogelnest.
An eine Kirche kam ich einst zu wallen
Mit Klosterzellen, längst verlaßnen Hallen;
An spitz gebognen Fenstern ist zu schauen
Laubwerk und manche Blum', in Stein gehauen;
Vor allen Bildern zierlich, wahr und lebend,
Ein steinern Vogelnest, am Aste schwebend;
Der Jungen Schnäblein heischend aufgerissen,
Die Mutter sie zu ätzen hold beflissen,