Full text: Deutsches Lesebuch für die Oberklassen höherer Mädchenschulen

Ernst Moritz Arndt. 
Als meiner Sommer sechzehn waren. 
Wie ich das schöne Mägdlein seh, 
Springt hoch das Herz mir in die Höh, 
Ich will sie brünstig gleich umfassen, 
Doch will sie sich nicht fangen lassen 
Und hüpft holdseliger Gebär 
Durch Busch und Blumen vor mir her 
Schon ward sie matt der süßen Jagd, 
Als plötzlich laut der Himmel kracht, 
Die Sterne hüllen Wolken ein, 
Weg sind die Engel und ihr Schein, 
Weg sind die Frauen beim Getümmel, 
Das ganze liebliche Gewimmel, 
Die Blumen und die Rosenbäume. 
So spielen oft um uns die Träume 
Und gaukeln manchen losen Scherz, 
Auch manchen Ernst uns in das Herz. 
Glückselig ist, wer, wann er wacht, 
Zu sehr nicht auf die Bilder achtt: 
Sie sind kein Evangelienbuch 
Und bringen öfter eitel Trug, 
Verführen leicht die grüne Jugend. 
Doch folgest du Vernunft und Tugend 
S— 
Und ist dein Busen spiegelrein, 
So sind sie gleich dem Himmelschein, 
Der, wann entschläft das Licht der 
Welt, 
Hernieder auf die Erde fällt, 
Das Herz erquickt und gar verjüngt 
Und Lust und süßen Frieden bringt 
Und was der Tag nicht zeigen kann 
In Blldern zeigt vor Weib und Mannm 
Doch, wenn dich Thorheit äfft und 
schaukelt, 
Dir Wahn um alle Sinne gaukelt, 
Und Unruh weiter will und weiter, 
So sind sie aller Narrheit Leiter, 
Verdunkeln deines Himmels Licht 
Und machen dich zum argen Wicht. 
Dann wird dein Herz ein Satansnest, 
Das nirgends Ruh und Frieden läßt, 
Ein Span, der in dem Weltmeer 
schwimmt, 
Ein Funke, der bei Pulver glimmt. 
Es woll uns heint und auch nach Jahren 
Vor solchen Träumen Gott bewahren! 
Aus dem Katechismus für den deutschen Wehrmann. 
Trostlied. (1813.) 
Gott, du bist meine Zuversicht, 
Mein Schirm und meine Waffen, 
Du hast den heilgen Trieb nach Licht 
Und Recht in mir geschaffen; 
Du großer Gott, 
In Not und Tod 
Ich will an dir mich halten: 
Du wirst es wohl verwalten. 
Und wenn die schwarze Hölle sich 
Mit ihrem Gift ergösse 
Und trotziglich und mörderlich 
Durch alle Länder flösse, 
Gott bleibt mein Mut, 
Gott macht es gut 
Im Tode und im Leben: 
Mein Recht wird oben schweben. 
Und wenn die Welt in Finsternis 
Und Unheil sich versenkte, 
Mir steht das feste Wort gewiß, 
Das Ewigkeiten lenkte, 
Das alte Wort 
Bleibt doch mein Hort: 
Wie viel auch Teufel trügen, 
Die Guten sollen siegen.
	        
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