Full text: Deutsche Gedichte für die Mittel- und Oberstufe höherer Mädchenschulen

Viktor von Scheffel. 
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Einsam aus des Tages Lärmen 
Adler in die Äöhen schweift, 
Storch und Kranich fliegt in Schwärmen, 
Doch ihr Flug die Erde streift. 
Einsam wandle deine Bahnen, 
Stilles Äerz, und unverzagt! 
Viel erkennen, vieles ahnen 
Wirst du, was dir keiner sagt. 
d) Der Jungbrunnen. 
Plaste Menschen seh' ich wandeln, 
Und die Klag' tönt allerorten: 
„Schal ist unser Tun und Äandeln, 
Siech und alt sind wir geworden." 
Wollt' euch nie bei eurem Forschen 
Die uralte Mär' erklingen 
Von dem Brunn, darin die morschen 
Knochen wundersam sich jungen? 
And der Brunn ist keine Dichtung, 
Fließt so nah vor euren Toren, 
Euch nur mangelt Weg und Richtung, 
Ihr nur habt die Spur verloren. 
Drauß' im Wald, im grünen heitern, 
Wo die Menschenstimmen schweigen, 
Wo auf duft'gen Farrenkräutern 
Nächtlich schwebt der Elfenreigen: 
Dort, versteckt von Stein und Moose, 
Rauschet frisch und hell die Welle, 
Dort entströmt der Erde Schoße 
Ewig jung die Wunderquelle. 
Dort, umrauscht von Waldesfrieden, 
Mag der kranke Sinn gesunden, 
Und des Lenzes junge Blüten 
Sprossen über alten Wunden.
	        
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