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II. Das Deutsche Reich.
zurück, düstere Tannen- und Fichtenwälder steigen bis nah an den Rand des Ge-
birgskammes empor, und krünimen sich dann zu Zwergholz zusammen. Auch dieses
verschwindet auf einigen höheren Gipfeln, die felsig und kahl emporragen, mit un-
geheuren Granitblöcken bedeckt, selten sichtbar, öfter von Nebeln in seltsamen Gebilden
verhüllt, die samt dem Widerhall der Stimmen von Mensch und Tier sich in den
neckischen Sagen vom Rübezahl verkörpert haben. Von dem nicht breiten, aber auf
Fußpfaden gangbaren, ebenen, moorigen Kamme des Gebirgs und feinen noch höheren
Felskuppen schaut man südwestwärts nach Böhmen hinab ans ein Felsenlabyrinth,
in tiefe Gründe (die Schneegruben 300 m tief), nach Osten in das romantische
schlesische Vorgebirgsland; weiterhin verliert sich der Blick in unermeßliche Ebenen,
wo ihn nur die Schwäche des Auges oder die Krümmung der Erde beschränken.
Der Umfang der höheren Gebirgsmassen ist nicht groß. Plötzlich und steil wie
ein Wall steigen sie empor, ebenso schroff fallen sie auf der anderen Seite ab. Über
die grasigen Rücken und Hänge sind „Bauden" (die Sennhütten der Sudeten,
aber großenteils auch im Winter bewohnt,) allerwärts zerstreut, in den Hochthälern in
Gruppen versammelt; die Thalweitungen von Dörfern belebt. Es wohnt hier ein Harm-
loses, fröhliches Hirteuvölkcheu voll häuslichen Fleißes, wie auch im bergigen Vorlande.
§ 222. Am Fuße der Zentralketten breiten sich nämlich zwischen den V o r-
höhen fruchtbare Thalebenen aus, noch ziemlich hoch gelegen und von
Gebirgsarmen und niedrigeren Nebenketten eingeschlossen. An den Bächen, munteren
klaren Gebirgswassern, in den Ebenen oder den offeneren Thalgründen, ziehen sich oft
stundenweit die Dörfer hin, wie L a n g e n b i e l a u (13 000 E.). Die heiteren be¬
malten Häuser mit Blumengärten vor den Fenstern liegen zerstreut am Ufer entlang.
Kaum in einem fehlt der Webstuhl; es ist, mit den trefflichen Bleichen an den klaren
Gewässern, der Sitz der schleichen Leinwandbereitung. In günstigen Zeiten
sind durch diesen Gewerbfleiß die Dörfer angewachsen, und blühende Städte, voll
reicher Handelsherren, beleben den Fuß des Waldgebirgs. So die schönen Gegenden
von Hirschberg (14 000 E.), Schmiedeberg, Landeshut, Sitze der Leinwand-
fabrikation. Auch sind hier treffliche Heilquellen, Warmbrunn jc., während
in den Glatzer Gebirgen der Boden zugleich an Steinkohlen reich ist.
Vom unteren Gebirgsrande ziehen fruchtbare Ebenen hinab zu der mit dem
Gebirge gleichlaufenden Oder. Einzelne Basaltkuppen schmücken sie inselartig, ja ein
kleines Grauitgebirg, der Zobten (728 m) taucht, in dichtes Laub gehüllt, aus
dem wagrechten Lehmboden auf, bietet frische Felsquellen und einen herrlichen Blick
über die Ebeue und auf das Riesengebirge. — Auf der Ostseite der Oder dagegen
in Oberschlesien erhebt sich ohne schroffe Ränder eine kleine Bergplatte aus
Kalkstein, ausgezeichnet durch reiche Eisen-, Zink- und Steinkohlenvorräte, die einen
höchst wichtigen Bergbau begründen.
Längs der polnischen Grenze sodann zieht sich aus Südpolen her eine lange
Reihe von H ö h e n p l a t t e n hin, die das weite lange Oderthal auf der rechten
Seite einschließen (und häufig in dichten Waldungen Wölfe beherbergen). So im
Süden dieTarnowitzer Höhe, deren Hügel (Trockenberg 349 m, und St. Anna¬
berg 400 m), mit Nadelholz bedeckt sind. Die Oder durchbricht sie zwischen
Leubus und Großglogau, worauf sie auf dem linken Oderufer nach Brandenburg
fortsetzen und im Fläming an der Elbe enden. Das ganze Thal der Oder aber ist
mit den fruchtbarsten Lehmebenen bedeckt, von Ratibor im Süden bis über Liegnitz
hinaus fast ein zusammenhängendes Weizenfeld. Nur teilweise findet sich Sand, im