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evangelische Christenthum hervorgebrachte Verwandlung der Kannibalen in
friedliche Menschen nach einem Ausspruch des großen Geographen Karl Ritter
als ein wahres Wunder unserer Zeit angesehen werden muß; in Südafrika,
wo die Kapstadt der Mittel- und Ausgangspunkt der christlichen Civilisation
bildet, während vom Norden her aus Algier französische und schweizerische
Glaubensboten, im Westen von der Sierra-Leone-Colonie Amerikaner und
Engländer nach dem Innern Afrika's vordringen und auf Madagascar nach
der Bekehrung des Königs Radama auf den Befehl seiner Nachfolgerin das
Blut des Apostels der Madagassen, David Jones', und anderer einge—
borner christlicher Märtyrer geflossen ist (1843). An die Thür von China
ordnete noch im 18. Jahrhundert die londoner Missionsgesellschaft den Mis—
sionär Morrison ab, nach dessen Vorgang späterhin der unermüdliche
Gützlaff aus Pommern (gest. 1853), der Meister in chinesischer Sprache
und Literatur, durch Predigt und Schrift mit großer Kühnheit wirkte und
nach der Eröffnung des „Reichs der Mitte“ durch den letzten englischen
Krieg (1842) der evangelischen Mission in China einen großartigen und
planmäßigen Charakter gab. Seitdem ist die Mission in China mit seinen
3 400 Millionen Einwohnern für die Freunde des Reiches Gottes eine
hochwichtige Angelegenheit, und die Kunde von einer großen revolutionären
Bewegung, welche gegen die Mandschu-Dynastie und den Götzendienst zugleich
gerichtet sein sollte, mußte elektrisch auf sie wirken. Der Führer derselben,
Sauzhän, aus einem altadeligen Geschlecht in Gwantung, der von einem
amerikanischen Baptisten-Missionär zu Canton Theile der chinesischen Ueber—
setzung des Alten und Neuen Testaments erhalten hatte, trat 1850 zuerst
als Religionsstifter auf, eiferte gegen buddhistischen Götzendienst, Opiumrau—
chen, Würfelspiel und verkündigte die Verehrung des Allvaters im Himmel
als die einzig richtige Religion, die zehn Gebote Gottes als die Regel eines
tugendhaften Lebens. Er stiftete Vereine und nahm durch eine Art von
Taufe Tausende in dieselben auf. Endlich erhob er die Fahne des Auf⸗
stands gegen die Mandschuherrschaft und ist, vom Süden aus immer weiter
nach Norden, nach Peking, vordringend, trotz aller gegen ihn geschickter Trup—
pen schon zum Herrn fast des halben Reichs geworden. Doch sind die nach
Europa gelangten Nachrichten über diese ganze Bewegung noch zu wider—
sprechend, als daß man sich der Hoffnung hingeben könnte, dieses alte Voll—
werk des Aberglaubens schon danleder liegen zu sehen.
Der äußern und innern Mission zur Seite geht die Verbreitung der
heiligen Schrist, dieses ersten Volksbuchs nicht nur, sondern wie selbst Göthe
es genannt hat, dieses Buches der Völker, durch besondere Bibelgesell—
schaften, als deren erste und älteste die große britische und ausländische
Bibelgesellschaft zu London 1804 gegründet worden ist. Dorthin hatte sich
der Prediger Charles aus Nordwales in der festen Ueberzeugung gewen—
det, daß der Unwissenheit und Rohheit des walisischen Volks am besten durch
die Bibel gesteuert werden würde, und seine dringenden Vorstellungen fanden
besonders bei den zahlreichen Missionsfreunden solchen Eingang, daß man
sich nicht nur für Eine Provinz, nicht nur für das britische Reich, sondern
zu Verbreitung der Bibel unter der Menschheit vereinigte. Seit ihrem
Bestehen bis gum Jahr 1850 hat diese Gesellschaft allein über 23 Milllonen
heilige Schriften in fast 200 Sprachen verbreitet und M Millionen Thaler
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