Metadata: Lesebuch zur Geschichte des 19. Jahrhunderts

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Detmold in Hannover, Christian! in Lüneburg u. a. standen) gegen das 
vorgehen des Königs von Haus aus ein hoffnungsloser. Der König berief 
eine Stänbeoerfammlung auf Grund der älteren, 1833 aufgehobenen Ver¬ 
fassung von 1819. Zwar gelang es der Opposition, erst eine Anzahl von 
lvahlenthaltungen, dann, als doch eine beschlußfähige Versammlung zu¬ 
stande kam, eine Ablehnung des dieser vorgelegten Verfassungsentwurfs 
zu erwirken. Allein die Zähigkeit Ernst Augusts, der rücksichtslos alle 
Mittel anwendete, welche zum Ziele führen konnten, besiegte diesen Wider¬ 
stand und brachte endlich (1840) eine dem König genehme Verfassung 
zustande. 
Mehr noch als dieser Verfassungskampf selbst beschäftigte und er¬ 
regte die öffentliche Meinung in weitesten Kreisen ein einzelner Vor¬ 
gang, der sich an den hannoverschen Staatsstreich knüpfte. Sieben Pro¬ 
fessoren der Göttinger Universität hatten gegen die Aufhebung der Der- 
fassung von 1833, als rechtswidrig, protestiert, hatten erklärt, den von 
ihnen verlangten huldigungseid für den neuen König nur nach Matz¬ 
gabe dieser allein zu Hecht bestehenden Verfassung leisten zu können. 
Sie wurden ohne weiteres ihrer Stellen entsetzt, und, als einige davon 
in einer öffentlichen Schrift sich zu rechtfertigen unternahmen, wurden 
diese sogar des Landes verwiesen. 
Die tapfere Tat der Göttinger und der gegen sie geführte neue Ge¬ 
waltstreich brachten in ganz Deutschland — trotz der damals herrschenden 
politischen Lauheit —, ja, auch über die Grenzen Deutschlands hinaus 
sine ungewöhnliche Aufregung hervor. Nicht bloß die Liberalen jauchzten 
ihnen zu, sondern selbst streng konservative Männer bezeugten den „Göt¬ 
tinger Sieben" ihre Hochachtung und ihre Sympathien. Nicht bloß in 
tien konstitutionellen Staaten fand ihre Handlungsweise Beifall und Be¬ 
wunderung, sondern auch in dem absolutistischen Preußen und in dem 
Metternichschen (Österreich. Sogar Männer wie Savignt), das Haupt der 
historischen Hechtsschule und als solches kein Freund „papierner ver- 
fassungen", zeigten sich in hohem Grade betreten über das vorgehen des 
Königs Ernst August. Der Berliner Philosoph Trendelenburg, ein strenger 
Monarchist von der alten preußischen Schule, zollte der Gewissenhaftigkeit 
und dem Mute der „Sieben" rückhaltloses Lob. 
3tt Leipzig war sofort ein Komitee, aus Konservativen und Liberalen 
gebildet, zusammengetreten und hatte Sammlungen veranstaltet, um den 
vertriebenen Professoren durch ein Ehrengeschenk wenigstens ihre ma- 
teriellen Verluste zu ersetzen. Die Beiträge flössen reichlich, selbst von 
außerhalb Deutschlands, von der Schweiz aus ward den Göttingern ein 
-Asyl angeboten. 
(Es war — das erkannte man allerseits an — mehr als eine bloß 
politische, es war eine sittliche Tat von höchstem Belang, dieses gemein¬ 
same vorgehen der „Göttinger Sieben", eine Tat, ebenso rein und lauter 
in ihren Beweggründen, wie gerade darum weittragend in ihren Folgen, 
-hier war weder von dem Ehrgeiz, eine Rolle zu spielen, noch von einer 
Agitation für politische parteizwecke irgend eine, auch nur die geringste
	        
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