Full text: (Für die mittleren Klassen) (Abteilung 2, [Schülerband])

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vom Vaterlande ein neues zu gründen, und seine Flucht ist die letzte 
Begebenheit Trojas. Schorn. 
111. Laokoon. 
Die Statue des Laokoon stand ehemals in dem Hause des Kaisers 
Titus, und ebendaselbst wurde sie entdeckt in dem Gewölbe eines 
Saales, der ein Theil der Bäder dieses Kaisers gewesen zu sein 
scheint. Plinius meldet, daß die drei Figuren des Loakoon aus einem 
einzigen Steine gehauen gewesen, was ihm also erschienen, weil man 
keine Fuge bemerkte; aber ein paar tausend Jahre haben endlich eine 
fast unmerkliche Fuge entdeckt, welche zeigt, daß der älteste von den 
zwei Söhnen nicht aus eben demselben Stücke Marmor gearbeitet 
worden, aus welchem der Vater und der jüngste Sohn gehauen sind. 
Ten rechten Arm des Laokoon, welcher fehlt und von gebrannter Erde 
gemacht angesetzt ist, hat bereits Michel Angelo zu ergänzen gedacht, 
und. hat denselben in Marmor, aus dem gröbsten gehauen, entworfen, 
aber nicht geendigt; es liegt daher dieses Stück unten an der Statüe. 
Die zwei Stufen unten an dem Würfel, ans welchem die Hauptfigur 
sitzt, scheinen die Stufen zu dem Altare anzudeuten, wo dasjenige, 
was hier vorgestellt ist, geschah. 
Laokoon ist eine Statüe im höchsten Schmerze, nach dem Bilde 
eines Mannes gemacht, der die bewußte Stärke des Geistes gegen den¬ 
selben zu sammeln sucht, und indem fein Leiden die Muskeln auf¬ 
schwellt und die Nerven anzieht, tritt der mit Stärke bewaffnete Geist 
kn der ausgetriebenen Stirne hervor, und die Brust erhebt sich durch 
den beklemmenden Athem und durch Zurückhaltung des Ausbruchs der 
Empfindung, um den Schmerz in sich zu fassen und zu verschließen. 
Das bange Seufzen, welches er in sich zieht, und der angehaltene 
Athem erschöpft den Unterleib und macht die Seiten hohl, welches uns 
gleichsam von der Bewegung seiner Eingeweide urteilen läßt. Sein 
eigenes Leiden aber scheint ihn weniger zu beängstigen als die Pein 
seiner Kinder, die ihr Angesicht zu ihrem Vater wenden und um Hülfe 
schreien; denn das väterliche Herz offenbart sich in den wehmütigen 
Augen, und das Mitleiden scheint in einem trüben Dufte auf den¬ 
selben zu schwimmen. Sein Gesicht ist klagend, aber nicht schreiend, 
seine Augen sind nach der höheren Hülfe gewandt. Der Mund ist voll 
von Wehmut, und die gesenkte Unterlippe schwer von derselben; in der 
überwärts gezogenen Oberlippe aber ist dieselbe mit Schmerz vermischt, 
welcher mit einer Regung von Unmut wie über ein unverdientes, un¬ 
würdiges Leiden in die Nase hinauftritt, dieselbe schwülstig macht und 
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