fullscreen: Für Tertia (Abtheilung 1, [Schülerband])

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D. Nein lyrische und episch lyrische Poesie. XVI. Geistliche Lieder. 
5. Du — als die Schöpfung lieblicher, 
Unendlicher als sie, 
Wer ist wie du? Du bist wie er, 
Der dir sein Bild verlieh. 
6. Fall an sein Herz, an seine Brust, 
Als Kind in seinen Schooß! 
Du bist in Baters Lieb' und Lust 
Mehr als die Schöpfung groß. 
7. Und gehe fort an seiner Hand, 
In Lieb' und Güte fest! 
Wird ihm sein eignes Herz entwandt, 
Alsdann er dich verläßt. 
209. Frtthlingsseier. 
Von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben. Gedichte. Leipzig, 1843. 
1. Wälder knospen, Wiesen grünen, 
Neues Leben dringt hervor, 
Auch das Gräschen ans der Dünen 
Streckt sein Händlein froh empor. 
An den Bächen, an den Quellen 
Tanzen Mücken hier und dort, 
Fische hüpfen auf den Wellen, 
Schwalben segeln drüber fort. 
Alles webet, schwebet, ringt, 
Freut sich, schwingt sich, jauchzt und singt 
Auf gen Himmel, auf gen Himmel. 
2. Sollen wir denn jetzt noch trauern 
Wie der Winter, ernst und kalt, 
Wir in unsern alten Mauern 
Ohne Himmel, Feld und Wald? 
Nein, wir wandeln draußen wieder, 
Freude giebt uns ihr Geleit, 
Liebe lehrt uns neue Lieder, 
Schenkt uns neue Seligkeit: 
Unsre Seele ringt und strebt, 
Singt und schwingt sich, webt und 
schwebt 
Auf gen Himmel, auf gen Himmel. 
3. Auf gen Himmel, alles Leben! 
Denn vom Himmel kam's herab; 
Drum so laß uns wiedergeben, 
Was er uns so gnädig gab. 
Ja, froh sind wir jetzt und singen 
Auf des Frühlings Freudenau, 
Thun, als wollten wir gleich springen 
In des Himmels ew'ges Blau. 
Alle Sorg' und Traurigkeit, 
Jeder Gram und jedes Leid 
Bleibt der Erde, nur der Erde. 
210. Morgenwanderung. (1838—40 in Athen gedichtet.) 
Von Emanuel Geibel. 
1. Wer recht in Freuden wandern will, 
Der geh' der Sonn' entgegen! 
Da ist der Wald so kirchenstill, 
Kein Lüftchen mag sich regen; 
Noch sind nicht die Lerchen wach, 
Nur im hohen Gras der Bach 
Singt leise den Morgensegen. 
2. Die ganze Welt ist wie ein Buch, 
Darin uns aufgeschrieben 
In bunten Zeilen manch ein Spruch, 
Wie Gott uns treu geblieben; 
Wald und Blumen nah und fern 
Und der helle Morgenstern 
Sind Zeugen von seinem Lieben. 
Gedichte. Berlin, 1856. 
3. Da zieht die Andacht wie ein Hauch 
Durch alle Sinnen leise, 
Da pocht ans Herz die Liebe auch 
In ihrer stillen Weise, 
' Pocht und pocht, bis sich's erschließt 
Und die Lippe überfließt 
Von lautem, jubelndem Preise. 
4. Und plötzlich läßt die Nachtigall 
Im Busch ihr Lied erklingen, 
In Berg und Thal erwacht der Schall 
Und will sich aufwärts schwingen; 
Und der Morgenröthe Schein 
Stimmt in lichter Glut mit ein: 
Laßt uns dem Herrn lobsingen! 
211. Ein geistlich Abendlied. 
Von Gottfried Kinkel. Gedichte. Stuttgart und Augsburg, 1857. 
1. Es ist so still geworden, 
Verrauscht des Abends Wehn, 
Nun hört man aller Orten 
Der Engel Füße gehn; 
Rings in die Thale senket 
Sich Finsterniß mit Macht — 
Wirf ab, Herz, was dich kränket 
Und was dir bange macht!
	        
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