Full text: Für Tertia (Abtheilung 1, [Schülerband])

66 B. Lyrisch epische Poesie. VI. Erzählungen, Balladen, Romanzen. 
4. Und jene zogen heim mit Siegesruf, 
Und wo sie jauchzten, ward die Gegend grün; 
Feldblumen sproßten unter jedem Huf, 
Wo Speere streiften, sah man Bäum' erblühn. 
5. Doch vor der Heimat Thoren, am Altar, 
Da harrten schon zum festlichen Empfang 
Die Frauen und der Zungfraun helle Schar, 
Bekränzt mit Blüte, welche heut' entsprang. 
6. Als nun verrauscht der freudige Willkomm, 
Da trat der Priester auf den Hügel, stieß 
Ins Gras den heil'gen Schaft, verneigte fromm 
Sein Haupt und sprach vor allem Volke dies: 
7. „Heil dir, der Sieg uns gab in Todesgraus! 
Was wir gelobten, das erfüllen wir. 
Die Arme breit' ich auf dies Land hinaus 
Und weihe diesen vollen Frühling dir! 
8. Was jene Trift, die herdenreiche, trug, 
Das Lamm, das Zicklein flamme deinem Herd! 
Das junge Rind erwachse nicht dem Pflug 
Und für den Zügel nicht das muth'ge Pferd! 
9. Und was in jenen Blütengärten reift, 
Was aus der Saat, der grünenden, gedeiht, 
Es werde nicht von Menschenhand gestreift; 
Dir sei es Alles, Alles dir geweiht!" 
10. Schon lag die Menge schweigend aus den Knie'n, 
Der gottgeweihte Frühling schwieg umher, 
So leuchtend, wie kein Frühling je erschien; 
Ein heil'ger Schauer waltet' ahnungsschwer. 
11. Und weiter sprach der Priester: „Schon gefreit 
Wähnt ihr die Häupter, das Gelübd' vollbracht? 
Vergaßt ihr ganz die Satzung alter Zeit? 
Habt ihr, was ihr gelobt, nicht vorbedacht? 
12. Der Blüten Duft, die Saat im heitern Licht, 
Die Trift, von neugeborner Zucht belebt, 
Sind sie ein Frühling, wenn did Zugend nicht, 
Die menschliche, durch sie den Reigen webt? 
13. Mehr als die Lämmer sind dem Gotte werth 
Die Zungfraun in der Zugend erstem Kranz; 
Mehr als der Füllen auch hat er begehrt 
Der Jünglinge im ersten Wafsenglanz. 
14. O nicht umsonst, ihr Söhne, wäret ihr 
Im Kampfe so von Gotteskraft durchglüht! 
O nicht umsonst, ihr Töchter, fanden wir, 
Rückkehrend, euch so wundervoll erblüht! 
15. Ein Volk hast du vom Fall erlöst, o Mars! 
Von Schmach der Knechtschaft hieltest du es rein 
Und willst dafür die Jugend eines Jahrs; 
Nimm sie! Sie ist dir heilig, sie ist dein." 
16. Und wieder warf das Volk sich auf den Grund, 
Nur die Geweihten standen noch umher,
	        
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