Full text: [Teil 6 = Obertertia - Untersekunda, [Schülerband]] (Teil 6 = Obertertia - Untersekunda, [Schülerband])

Bleib treu: Galliffets Todesritt am Abend der Schlacht bei Sedan. 199 
Truppe wäre im Hui auseinandergesprengt oder gar von Panik ergriffen 
gewesen. So aber bedeckten sich Angegriffene wie Allgreifer mit Ruhm. 
An Karreebildell wurde nicht mehr gedacht, es fehlte auch an Zeit dazu. 
Die Festigkeit der kriegsgeübten Deutschen schien in der Gefahr zu wachsen. 
In Knäuel zusammengeballt oder ganz frei im offenen Felde stehend, 
jede Deckung geschickt benutzend, begrüßten uns diese in Schwärme auf¬ 
gelösten Korps von allen Seiten mit einem rollellden Feuer gleichmäßiger 
Salven, so daß die ersteil Glieder der blanken Panzergeschwader Mann 
an Mann wie über den Tisch gefächerte Karten in sich zusamniensallken. 
Hoch bäumten sich die scheuerl Tiere und drehten sich auf den Hinter¬ 
füßen, indes die bügellos umhergeschleuderten Reiter krampfhaft die 
Zügel anzogen. Ohne uns aber, wie unsere Kürassiere bei Aspern, 
durch diese lebendige Barriere hemmen §u lassen, warfen mir uns über 
die noch zuckenden Rosse und Leichenhügel weg mit drohender Gewalt 
und weithallendem Feldgeschrei auf den Feind. 
Rur trllppweise unb weit allseinander kamen wir zum Einhauen. 
Nichtsdestoweniger durchbrachen wir die feindlichen Schützen, die sich uns 
tollkühn im Einzelkampf, wie die englische Infanterie bei Minden, mit 
gefälltem Bajonett entgegenstellten. So gerieten wir in wuchtigem Anlauf 
unter die feindlichen Reserven. Die feindlichen Feuerschlttnde hielten 
lins unter einem wahren Wirbel von Sprenggeschossen. Wie Legionen 
höllischer Geister umzischten uns die flammenträchtigen Donnerkeile, deren 
Flugkraft den lebendigen Keil dieser Todesreiter zusammenschmetterte. 
Doch über den blutklebrigen Abhang wie über schlüpfrige Lava¬ 
platten ging es furchtlos dem Krater entgegen, der den blauen Mohn 
des Todes über uns verstrente. 
Der kommandierende Reitergeileral hielt den Kavlpf noch eine Weile 
aufrecht, doch litten wir bald unbeschreiblich. Ganze Haufen wälzten 
sich sterbend über die Abhänge, alle Generale und Stabsoffiziere fielen. 
Biele glitten, den Geschossen entgangen, strauchelnd in die nahen Stein¬ 
brüche oder stürzten sich dort freiwillig hinab — eine Curtius-Hekatombe 
der militärischen Ehre. 
Ich weiß nur noch, daß ich mit einem Hauptmann mehrere Hiebe 
wechselte, die diesen im Sattel schwanken machten, — ich fühlte mich 
mehrmals gestreift und leicht verwundet, — dann sah ich mich im Karriere 
mit sechs Kameraden die große Landstraße hinaufsausen. 
Wir entkamen wirklich, schon sahen wir uns jenseits der feindlichen 
Linien. Immer schwächer verhallte das Feuer hinter uns in der Tiefe, 
plötzlich wurde es ganz still. 
Wir hielten auf einem jenseitigen Hügel unb blickten auf den offenen 
Sarkophag zurück, in dem die Gloire der großen Nation bestattet wurde. 
Nur das Grollen einiger Geschütze ward noch laut.
	        
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