Kaiser Wilhelm II. d. Schirmherr d. Friedens, d. Förderer deutscher Arbeit u.s.w. 223
alten historischen Mauern von Küstrin dergleichen Eigenschaften am Tage
sind; und wenn darüber noch ein Zweifel gewesen wäre, so wäre er ge¬
schwunden angesichts der Haltung und Stimmung der Bürgerschaft und
der schönen patriotischen Worte, die heute hier gesprochen sind. Daß
diese Eigenschaften unter den Märkern und vor allem unter den Küstrinern
nie aussterben mögen, und daß Küstrin mit gutem Beispiel vorangehen
möge, für das Vaterland zu (eben und zu wirket! in guten und in
schweren Tagen, darauf trinke Ich diesen Pokal.
7. Rede in Breinen am 22. März 1905 beim Festmahl im
Rathaus nach der Enthüllung des Kaiser Friedrich-
Denkmals.
Sie haben die Güte gehabt, die Gedanken zu erwähnen, welche Sie
bewegten bei früherer Gelegenheit tu diesem selben Raume; sie ent¬
sprechen in jeder Beziehung vollkornmen dem, was auch Ich damals ge¬
dacht habe. Ich habe, als Ich als Jüngling vor dem Modell des
Brommyschiffes gestanden habe, mit Ingrimm die Schmach empfunden,
die unserer Flotte und unserer danmligetl Flagge angetan worden ist,
und vielleicht, da doch inal von Meiner Mutter Seite ein Stück See¬
blut in meine Adern geflossen ist, ist das der Weg gewesen, der für Mich
eine Richtschnur geben sollte für die Art unb Weise, wie Ich die Auf¬
gaben aufzufassen hätte, die nunmehr dem Deutschen Reiche bevorstanden.
Ich habe Mir damals den Fahneneid geschworen, als Ich zur Regierung
kam, nach der gewaltigen Zeit Meines Großvaters, daß, was an Mir
liegt, die Bajonette und Kanonen zu ruhen hätten, daß aber Bajonette
und Kanonen scharf und tüchtig erhalten werden müßten, damit Neid
und Scheelsucht von außen uns an dem Ausbau unseres Gartens und
unseres schönen Hauses im Innern nicht stören. Ich habe Mir gelobt,
auf Grund Meiner Erfahrungen aus der Geschichte, niemals nach einer-
öden Weltherrschaft zu streben. Denn was ist aus den sogenannten
Weltreichen geworden? Alexander der Große, Napoleon I. und alle die
großen Kriegshelden — im Blute haben sie geschwonunen und unterjochte
Völker zurückgelassen, die beim ersten Augenblicke wieder aufgestanden
sind und die Reiche zum Zerfall gebracht haben. Das Weltreich, das
Ich Mir geträumt habe, soll darin bestehen, daß vor allem das neu
erschaffene Deutsche Reich von allen Seiten das absoluteste Vertrauen
als eines ruhigen, ehrlichen, friedlichen Nachbarn genießen soll, und daß,
wenn man dereinst vielleicht von einem deutschen Weltreich oder einer
Hohenzollernweltherrschaft in der Geschichte reden sollte, sie nicht auf
Eroberungen begründet fein soll durch das Schwert, sondern durch gegen¬
seitiges Vertrauen der nach gleichen Zielen strebenden Nationen — kurz
ausgedrückt, wie ein großer Dichter sagt: „nach außen hin begrenzt, im