226 V. Geographisches und Ethnographisches.
der Blick wieder herüber: in der Nähe steht eine Kapellenruine, die, auf
grüner Matte, ihre mit Efeu begrünten Mauern wundersam reinlich,
einfach imd angenehm erhebt. Rechts nun schieben Rebhügel sich völlig
an den Weg heran.
In dem Städtchen Wallus tiefer Friede, nur die Einquartierungs¬
kreide an den Haustüren noch nicht ausgelöscht. Weiterhin erscheint
Weinbau zu beiden Seiten. Selbst auf flachem, wenig abhängigem
Boden wechseln Rebstücke und Kornfelder, entferntere Hügel rechts, ganz
bedeckt von Rebgeländen.
Und so in freier, umhügelter, zuletzt nordwärts von Bergen um-
kränzter Fläche liegt Elfeld, gleichfalls nahe am Rhein, gegenüber einer
großen bebauten Aue. Die Türme einer alten Burg sowie der Kirche
deuten schon auf eine größere Landstadt, die sich auch inwendig durch
ältere, architektonisch verzierte Häuser und sonst auszeichnet.
Die Ursachen, warum die ersten Bewohner dieser Ortschaften sich
an solchen Plätzen angesiedelt, auszumitteln, würde ein angenehmes
Geschäft sein. Bald ist es ein Bach, der von der Höhe nach dem Rhein
fließt, bald günstige Lage zum Landen und Ausladen, bald sonst irgend¬
eine örtliche Bequemlichkeit.
Man sieht schöne Kinder und erwachsen wohlgebildete Menschen; alle
haben ein ruhiges, keineswegs ein hastiges Ansehen. Lustfuhren und Lust¬
wandler begegneten uns fleißig, letztere öfters mit Sonnenschirmen. Die
Tageshitze war groß, die Trockenheit allgemein, der Staub höchst beschwerlich.
Unter Elfeld liegt ein neues, prächtiges, von Kunstgärten umgebenes
Landhaus. Roch sieht man Fruchtbau auf der Fläche links, aber der
Weinbau vermehrt sich. Orte drängen sich, Höfe fügen sich dazwischen,
so daß sie, hintereinander gesehen, sich zu berühren scheinen.
Alles dieses Pflanzenleben der Flächen und Hügel gedeiht in einem
Kiesboden, der, mehr oder weniger mit Leimen gemischt, den in die
Tiefe wurzelnden Weinstock vorzüglich begünstigt. Die Gruben, die man
zu Überschüttung der Heerstraße ausgegraben, zeigen auch nichts anderes.
Erbach ist, wie die übrigen Orte, reinlich gepflastert, die Straßen sind
trocken, die Erdgeschosse bewohnt und, wie man durch die offenen Fenster
sehen kann, reinlich eingerichtet. Abermals folgt ein palastähnliches Guts-
gebäude, die Gärten erreichen den Rhein, köstliche Terrassen und schattige
Lindengänge durchschaut man mit Vergnügen.
Der Rhein nimmt hier einen andern Charakter an: es ist nur ein
Teil desselben, die vorliegende Aue beschränkt ihn und bildet einen
mäßigen, aber frisch und kräftig strömenden Fluß. Run rücken die Reb¬
hügel der rechten Seite ganz an den Weg heran, von starken Mauern
getragen, in welchen eine vertiefte Blende die Aufmerksamkeit an sich
zieht. Der Wagen hält still; man erquickt sich an einem reichlich