Hansjakob: DasGlockenfest i. Schwarzwald. Lien hard: Auf d. Gr. Dononu.f.w. 281
finsterer Altar, die Sonne verdunkelnd, erhebt sich die ernste Kuppe des
altberühmten Keltenberges. Und tvas all den unbekannten Bergen in
weiter Runde fehlte, hier ist's in überreichem Maße vorhanden: dieser
Berg hat eine Vergangenheit. Geisterhauch umlispelt diese stumme Masse,
die über und über in dichte Waldungen gehüllt ist, als sollte der heutige
Laie ebenso wie vorzeiten von dem höchsten Heiligtums der Kelten fern¬
gehalten werden.
Ja, ich empfand einen tiefen Schauer. Erinnerungen an meine
Knabenzeit tauchten plötzlich, wie von einem verlorenen Akkorde aus
einem Jugendklavierstück geweckt, in der Seele des Erwachsenen auf.
Wie oft hatte ich diese Bruderberge, den breiten Großen und den spitzen
Kleinen Donon, im vordem Lothringen von meinem Feriendorfe aus
beschaut! Deutlich ragte auf dieser Rückseite des Wasgaus der Große
Donon als die höchste Kuppe aus dem langen blauen Zuge des Gebirges.
Und so oft wir mit Großvater über Land fuhren, auf jenen blüten¬
schimmernden lothringer Hügeln, ward Ausschau gehalten nach dem Donon.
„Nicht wahr, Großvater, das dort ist der Große Donon?" — „Das ist der
Große Donon, ja. Dort oben haben die alten Heiden angebetet." — Mit
scheuen Mienen starrten wir dann nach dem Opferberge der „alten Heiden"
und bildeten uns in unserer kindlichen Phantasie die wunderlichsten und
schauerlichsten Vorstellungen vom Opserwesen der keltischen Urbewohner.
Auf der andern Seite des Kegels befindet sich ein Forsthaus, das eine
gute Wirtschaft führt; und unweit dieses einfachen Gasthauses hat man
sogar ein Hotel in die Wildnis gesetzt. Das bloße Wort „Hotel" in dieser
heiligen Wasgaustille fuhr uns wie schneidender Mißklang in unsere ernste,
ob auch milde Stimmung. Um Gotteswillen nicht unter Hotelmenschen!
Wir beschlossen, die liebenswürdige Gastfreundschaft dieser Dononwächter
freundlichst unbenutzt zu lassen. Sollte die Sommernacht durchaus in
einem Bette verbracht werden, so wurde eben zwei Stunden weiter, in
die alltägliche Tiefe, nach Schirmeck hinabmarschiert.
Was für ein herrlich einsamer Tag lag hinter uns! Wälder, immer
nur Wälder! Tannen, Buchen und Eichen, Eichen, Buchen und Tannen;
tiefes Waldmoos, in bem der Fuß lautlos versinkt; lange Gräser, üppige
Farnmeere, vermorschende Baumstämme, quer in das Dickicht gestürzt;
schroffe Waldtäler, und endlich auf den Höhen des Großniann, Noll und
Narion Grasflächen und Zwergkiefern, — das ist der Charakter der
Wasgaugegend, die wir an diesem langen Wandertage, von der Hub nach
dem Donon, kennen gelernt hatten. Einmal, an der Schleife, waren
uns zwei Waldarbeiter begegnet; gegen Mittag plauderten wir mit den
Leuten auf Forsthalls Hengst, und ans der kahlen Höhe des Noll sahen
wir aus der Ferne zwei Frauen auf einem Felsblock stehen und, die
Hand über den Augen, nach dem Donon hinüberschauen, — zwei „schwarze