Menschenblüte. 329
191. Menschenblüte.
Gustav Weck.
L.Wasdatreibt und blüht auf Erden 4. dann ist Sprießen und Gestalten
aus der ew'gen Mutter Schoß, nicht Naturgebot allein,
will mit Fleiß gehütet werden, treue Hände müssen walten,
daß es wachse schön und groß. soll das Liebliche gedeihn.
2. Lieblich mag die wilde Rose 5. Und die kraftgenährte Scholle
flattern um der Hecke Wand; lohnt demPflüger Sorg' und Schweiß,
doch die duft- und strahlenlose wie der Berg, der rebenvolle,
leuchtet auf in Gärtners Hand. seines Winzers treuen Fleiß.
3. Wenn hervor aus grünem Laube 6. Aber herrlich doch vor allen,
goldne Frucht erfreulich quillt, unter Händen fromm und mild,
wenn vom Saft der Purpurtraube, Gott dem Herrn ein Wohlgefallen
wenn vom Korn die Ähre schwillt, und dem Herrn ein süßes Bild —
7. herrlich, ob in Pracht erglühte
Feld und Anger, Flur und Hain,
treibt die junge Menschenblüte
bei der Liebe Sonnenschein!
192. Das kranke Kind.
Hermann von Gilm.
1. Der Vater ist seit Jahren 3. Und wie sein Blick am Himmel
blind — hängt,
blind sein ist mehr als sterben. als möcht's dahin entfliehen,
Die Mutter hat ein krankes Kind im Wangengrübchen langsam fängt
und kann nicht viel erwerben. ein Röslein an zu blühen.
2. Die Sonne küßt das kranke 4. Und — süßes Wunder! —plötz⸗
Kind lich, als
zum ersten Mal im Jahre; sei alles Leid zu Ende,
es spielt ein weicher, warmer Wind schlingt lächelnd um der Mutter Hals
mit seinem seidnen Haare. es seine beiden Hände.
5. Die Mutter weiß vor Freud' nicht Rat,
bricht aus in lautes Weinen. —
Das war des Frühlings erste Tat
und keine von den kleinen.