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von Vater Johann Wies. Lena regierte mich mit scherzenden Worten,
ja, bloß mit ihren klugen Augen sicher genug, und so warf ich mich
geduldig neben der Tür auf einen Haufen Heu, während seitwärts auf
der Hühnerleiter der Hahn mit seinen Hennen im Traume kakelte und
von den Kühen her der Strich des Melkens eintönig hervorklang, nur
mitunter durch einen Zuruf unterbrochen, wenn die Bleß oder die
Schwarze etwa nicht ordnungsmäßig standhielten.
Endlich mit schwerem Eimer und heißem Gesicht trat Lena in den
Leuchtkreis der Laterne und bot mir freundlich guten Abend. Sie war
von kleiner Statur, ihre Gesichtszüge — sie mochte in meiner Knabenzeit
etwas über dreißig Jahre zählen — ließen erkennen, daß sie einst un—
gewöhnlich wohlgebildet gewesen sein mußten; aber die Blattern hatten
das Kindergesicht auf das unbarmherzigste zerrissen, als wenn, nach dem
Volkswitz, der Teufel Erbsen darauf gedroschen hätte. Sie selber meinte
freilich, am Ende müsse sie noch eitel werden; denn: „So'n Bildhauer—
arbeit ward nu nahgrad wat Rares!“ Nur die schönen, braunen Augen
blickten unversehrt, und sie gehören mit zu den Sternen, die über meiner
Kindheit standen, und mitunter in dunkeln Stunden glaube ich sie noch
jetzt zu sehen, obgleich auch sie erloschen sind.
Während nun Lena den Milchverkauf besorgte, hatte „Vader“ den
Kühen ihr letztes Futter vorgeworfen, „Moder“ in ihrem Troge den
Teig zusammengeballt und sorgsam zugedeckt, ich selbst war schon vorher
in die Wohnstube gewiesen, in jenen engen, aber traulichen Raum, in
dem ich die schönsten Geschichten meines Lebens gehört habe. Fast
immer, so wenigstens scheint es mir jetzt, blühten hier auf den Fenster—
brettern die roten Winterlevkojen; meine Blicke aber gingen nach dem
eisernen Beilegerofen, der an der Wand gegenüber zwischen den beiden
verhangenen Alkovenbetten stand und für mich einen Gegenstand der an—
ziehendsten Betrachtung bildete; denn nicht allein, daß sich auf der vor—
dersten Platte, wie nach einem Dürerschen Holzschnitt, die Verkündigung
Marias dargestellt zeigte, daß er an den Seiten und oben an beiden
Ecken mit blankpolierten Messingknöpfen geziert war, die ich, aller
Warnung unerachtet, nicht unterlassen konnte, vielfach abzuschrauben und
mir fast ebensooft auf die Füße zu werfen, er strömte auch, was nicht
jeder Ofen von sich sagen kann, einen leckeren Duft aus, der, mit dem
der Levkojen vermischt, noch jetzt in meiner Erinnerung diesen Raum
erfüllt, und war überdies allezeit von einer sanften Hausmusik umgeben.
Das erstere hatte seinen Grund in einer Schüssel, je nachdem mit
Waffeln, Pfeffernüssen oder Bratäpfeln gefüllt, die unfehlbar unter dem
blanken Messingstülp auf der Ofenplatte warm gehalten wurden, und da
von der dem Backhaus nahen Küche aus geheizt wurde, so mangelte es
von dort her nie am Gesang der Hejmchen, der gesellig in das Zimmer
hineinklang.
Porger-Lemp, Lesebuch. VIII.
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