Full text: [Teil 6 = Oberstufe, erste Abteilung (Siebentes Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 6 = Oberstufe, erste Abteilung (Siebentes Schuljahr), [Schülerband])

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stützt. In der Flasche befindet sich am Boden ein wenig Honig oder 
Sirup, sonst ist sie leer. Bei einem Ameisenhaufen angekommen, macht 
die Alte nun in die lose Spreu desselben mit dem Stocke ein tiefes Loch, 
steckt in dieses die Flasche bis an die Mündung hinein und scharrt es bis 
an den Rand wieder zu. Dann humpelt sie schnell einige Schritte weit 
davon, um von den erzürnten Tieren nicht zu sehr gebissen zu werden. 
Die Ameisen sind durch ihre Störung gewaltig aufgeregt und stürzen sich 
mit blinder Wut auf den vermeintlichen Feind, die Flasche. Hier leitet 
sie zugleich der süße Geruch, und so fallen sie haufenweise in die Öffnung 
hinein, von wo sie an dem glatten Glase nicht wieder hinauf und hinaus¬ 
gelangen können. Sobald die Frau sieht, daß die Flasche halb oder zwei¬ 
drittel gefüllt ist, zieht sie dieselbe schnell heraus und begiebt sich damit 
auf den Heimweg. 
Aus die gefangenen Ameisen wird sodann Spiritus gegossen, und die 
Flasche wird einige Tage hindurch in die Sonne gestellt. Dieser Ameisen¬ 
spiritus gilt als ein kräftiges Volksheilmittel gegen Reißen, Gicht, 
Rheumatismus u. dergl. 
Nach einigen Tagen kommt wieder ein räuberischer Besucher zu den 
Ameisen. Ein Apothekerlehrling trägt einen inwendig glasierten Topf und 
einen starken Leinwandbeutel. Den ersteren gräbt er ebenfalls bis an den 
Rand in die Spreu und schüttelt die hineingefallenen Ameisen in den 
Beutel, welchen er dann sorgfältig zuschnürt. Dies wiederholt er hier und 
in anderen Haufen so oft, bis er das Säckchen nahezu angefüllt hat. 
Diese Ameisen werden mit Spiritus und Wasser destilliert, und dieser echte 
Ameisenspiritus findet zu Einreibungen und auch als innerliches 
Mittel vielfache Anwendung in der Heilkunde. Seine Wirksamkeit beruht 
in der diesen Tieren eigentümlichen Ameisensäure, die auch in mehreren 
anderen Gegenständen der Natur, z. B. den Brennesseln und Fichten¬ 
nadeln vorkommt und sogar künstlich aus Zucker, Stärke u. dergl. mit 
sauerstoffreichen Körpern, wie Salpetersäure, dargestellt werden kann. 
In einem andern Teile des Waldes nutzt jemand die Ameisenhaufen 
in noch anderer Weise aus. Er ebnet auf dem Waldrasen ein Plätzchen, 
legt auf dasselbe kreuzweise eine Handvoll trockener Reiser und breitet über 
diese sein Taschentuch. Auf dieses schaufelt er nun vermittelst einer Holz- 
schüppe einen Teil des inneren Ameisenhaufens. Die armen, beunruhigten 
Tiere, welche in der herausgeschauselten Schicht gerade mit der Pflege ihrer 
Brut beschäftigt waren, ergreifen jetzt zunächst diese letztere und suchen sie 
in Sicherheit zu bringen. Hierzu dünkt ihnen das gereinigte Plätzchen am 
passendsten; sie sammeln dorthin möglichst schnell ihre Larven zusammen, 
und eben dies hat der grausame Mensch nur gewollt. Er raubt ihnen
	        
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