Contents: Das Mittelalter (Teil 2)

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Herrn sein Vieh von der Weide getrieben wurde. Nnr in einigen 
Gegenden Deutschlands, bei den Ditmarsen und Stedingern an 
der Elb- und Wesermündung, in Westfalen und in der Schweiz, 
hielt sich der freie Bauernstand noch jahrhundertelang. Mit Vor¬ 
liebe ergaben sich die freien Bauern einem Kloster, denn hier waren bei 
dem Reichtum und der Macht der Klöster die Abgaben geringer, der 
Dienst leichter und der Schutz kräftiger als bei einem ritterlichen Herrn. 
Die Frondienste der Bauern waren verschiedener Art. Da 
mußte der Bauer an gewissen Tagen der Woche auf den Feldern 
und Wiesen der Herrschaft arbeiten und Fuhren thnn, im Herbst und 
Winter in den Scheunen des Herrenhofs dreschen, beim Fischen der 
Teiche helfen und bei den Jagden als Treiber dienen. Er mußte zu 
Fuß und zu Roß Botengänge verrichten oder hatte zu bestimmten 
Gelegenheiten dem Gutsherrn ein oder mehrere Gespanne zur Verfügung 
zu stelleu. Seine Kinder dienten eine bestimmte Zeit als Knechte und 
Mägde auf der Herrenburg oder im Klosterhof. Ebenso mannigfaltig 
war die Art der Abgaben, zu denen der grundholde Bauer ver- 
pflichtet war. Von Feldfrüchten und Herdenvieh und allen Erzeugnissen 
der bäuerlichen Wirtschaft, aber auch Gebrauchsgegenstände aller Art, 
Leinwand und Tuch, Kleider uud Pelzwerk, Schuhe und Gerätschaften 
-für Haus, Küche und Hof hatten die Bauern zu liefern, der eine dies, 
der andere das, der eine mehr, der andere weniger. Zu bestimmten 
Zeiten und an bestimmten Tagen, meist kirchlichen Festtagen, zu Ostern, 
Michaelis oder Weihnachten, mußte der Zins, wie solche Abgaben 
hießen, auf dem Herrenhof abgeliefert werden. Starb der hörige 
Bauer, so mußten seine Erben das beste Stück Vieh aus dem Stall 
und ein Stück vom Hausrat des Verstorbenen an den Herrn abgeben. 
Vielfach begann man in dieser Zeit die Naturalabgaben durch Geld 
„abzulösen"; dann trug der Bauer am festgesetzten Termin nicht mehr 
seine Zinshühner u. a., sondern seine Zinsgroschen auf den Herrenhof. 
Die Unfreien der alten Zeit waren zu Leibeignen geworden 
und standen im unmittelbaren Dienst des Herrn. Sie hüteten seine 
Herden, arbeiteten als Knechte oder Handwerker auf den Fron- oder 
Heidenhofen oder bebauten auch ein Gütchen, eine Häuslerwirtschaft, 
gegen die üblichen Abgaben uud Dienste wie die Grundholden. Aber 
sie waren gänzlich unfrei; sie konnten verjagt, vertauscht und verkauft 
werden, fie durften sich nicht ohne Einwilligung des Herrn verheiraten, 
was sie besaßen, galt als Eigentum des Herrn, und die Leibeigenschaft 
war erblich.
	        
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