Full text: [Teil 6 = (10. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 6 = (10. Schuljahr), [Schülerband])

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zugewandt sind, zeigt das Gedicht zum Geburtstag seiner Frau am 
5. Mai 1857: 
Gedenkst du noch, wenn in der Frühlingsnacht 
Ñus unserm Uammerfenster wir hernieder 
3um Garten schauten, wo geheimnisvoll 
Im Dunkel dufteten Jasmin und Flieder? 
Der Sternenhimmel über uns so weit, 
Und du so jung,' unmerklich geht die Zeit. 
Wie still die Luft! Des Regenpfeifers Schrei 
Scholl klar herüber von dem Meeresstrande; 
Und über unsrer Väume Wipfel sahn 
Wir schweigend in die dämmerigen Lande. 
Nun wird es wieder Frühling um uns her,' 
Nur eine Heimat haben wir nicht mehr. 
Nun horch' ich oft schlaflos in tiefer Nacht, 
Vb nicht der wind zur Rückfahrt möge wehen. 
Wer in der Heimat erst sein Haus gebaut, 
Der sollte nicht mehr in die Fremde gehen! 
Nach drüben ist sein ñuge stets gewandt, 
Doch eines blieb, — wir gehen Hand in Hand. 
III. 
Der Tod des vänenkönigs Friedrich VIII. am 15. November 1863 
brachte die Kugel ins Nöllen. 
„Die Schmach ist aus,' der ch'rne Würfel fällt! 
Jetzt oder nie! Erfüllet sind die Zeiten, 
Des Dänenkönigs Totenglocke gellt; 
Mir klinget es wie Gsterglockenläuten: 
Die Erde dröhnt,' von Deutschland weht es her, 
Mir ist, ich hör' ein Lied im Winde klingen, 
Ls kommt heran schon wie ein brausend Meer, 
Um endlich alle Schande zu verschlingen! — —" 
jubelt der Dichter. 
In den letzten Februartagen des Jahres 1864 ließ feine wieder 
deutsch gewordene Vaterstadt Husum den Nuf an 5torm ergehen, zurück¬ 
zukehren und das Nmt eines Landvogtes zu übernehmen. Die Familie 
war gerade zur Nachmittags-Teestunde um den großen, runden Tisch ver¬ 
sammelt, als die ersehnte Nachricht eintraf. Linen Ñugenblick herrschte 
beklommene Stille in dem kleinen Kreise,' man vermochte das Glück der 
Heimkehr noch nicht zu erfassen — dann aber brach der Jubel los. In 
das herz des Dichters jedoch zog ahnungsvoll die bange Frage: „wen 
von euch soll ich dafür zum Gpfer bringen?" und verließ ihn nicht mehr. 
Noch an demselben Tage teilte Ztorm diese Botschaft seinem Vater 
mit und bat um seinen Nat. 
„Gestern abend, mein teurer 5ohn," antwortete der Vater, „erhielt 
ich Deinen Brief, der mir eine schlaflose Nacht gebracht hat. Erwägt man,
	        
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