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liegen. Jetzt eilte Heime herbei und wollte den Streit entscheiden: Alphart
sollte nach Bern zurückkehren, und sie beide wollten dann aussagen, daß sie
ihn nicht mehr angetroffen hätten. Der junge Held verschmähte den Vor¬
schlag, er wollte vielmehr Wittichen zum Pfande haben. Da erinnerte
Wittich seinen Heergesellen Heime an die geschworene Treue sowie darau,
daß er denselben einst vom Tode errettet habe. Jetzt drangen beide aus
Alphart ein. Dieser hätte sich noch retten können, wenn er auf die Auf¬
forderung der beiden seinen Namen und sein Geschlecht gesagt hätte, aber
er schämte sich solcher Zagheit und bat nur, sie sollten nicht als Mörder ihn
selbander bestehen; dann wolle er ihnen seinen frühen Tod verzeihen. Nach¬
dem beide ihm das zugesagt hatten, focht zuerst Heime allein mit dem jungen
Helden. Als aber auch er schwer getroffen war, brachen sie den Frieden und
drangen zusammen auf ihn ein; Wittich schlug von hinten, Heime von vorn.
Umsonst beklagte sich der hart bedrängte Jüngling über solchen unritterlichen
Kampf. Als Wittich ihn durch das Bein geschlagen hatte, flohen sie: aber aus
einem Beine noch erreichte und bekämpfte sie Alphart, bis er durch den Helm
gehauen ward.
Das Blut rann ihm über die Augen, jämmerlich blickte er hindurch.
Todwund sank der müde Held in die Knie, und Wittich bohrte ihm das Schwert
durch den Schlitz des Harnischs in den Leib. „Pfui über euch, ihr ehrlosen
Mordrecken, ihr ungetreuen Verräter! Ihr werdet den Fluch eurer feigen
Tat mit ins Grab nehmen!" So sprach der Sterbende, dann sank er in die
Blumen der Heide.
Laute Klage entstand in Dietrichs Lager aus die Kunde von Alpharts
Tod. Aber bald nahm Dietrich in einer grimmigen Schlacht blutige Rache,
und Ermanrich entfloh nach ungeheurem Verlust.
b) Dietrichs Flucht.
König Ermanrich hatte einen Ratgeber mit Namen S i b i ch. Einst
sandte er diesen aus und beschimpfte dessen schöne Frau. Als Sibich heimkam,
sagte ihm die Frau, was geschehen sei. Bis dahin hieß er der getreue Sibich,
nun aber wollte er der ungetreue sein. Fortan riet er dem König nur zum
Schlimmen. Nach Sibichs Rate sandte Ermanrich seinen Sohn Friedrich in
der Milzen Land, wo der Jüngling umkam. Dann ließ er die drei Hartungen,
seine Neffen, verräterisch aufhängen, um ihr Land für sich zu nehmen. Endlich
reizte ihn Sibich, auch das Erbe seines Neffen Dietrich an sich zu ziehen. Nach
vergeblichem Versuch, den Berner mit List zu sich zu locken, rüstete Ermanrich
eine große Heerfahrt und wütete mit Mord und Brand, bis Dietrich in
nächtlichem Überfall das übermächtige Heer vertilgte. Ehrlos entfloh Er¬
manrich und ließ seinen Sohn mit 1800 Helden in Dietrichs Hände fallen.