— 160 — 
er ihm zur Antwort: „Ach, gnädigster Herr! der Staat erfordert heutigestags so 
viel; es gehört so viel Überfluß zum Notwendigen; man wird so wenig geachtet, 
wenn man nicht seinem Range gemäß lebt; die Frauen sind solche kostbaren Puppen, 
und die Kinder, wenn ich sie standesgemäß erziehen soll, erfordern so viel, daß es 
unmöglich, ganz unmöglich ist, als Aufseher des Jahres mit zweitausend Thalern 
auszukommen.“ Ich wette, Johann, du würdest auch Bob oder wohl gar Herr 
von Bob werden, wenn du erst ein paar Jahre Thorschreiber gewesen wärest.“ 
„„Das käme auf den Versuch an, Herr Kriegsrat. Indessen, wenn die 
Frau Visitatorin) ein schwarzes Mäntelchen trägt, müßte meine künftige Frau 
als Thorschreiberfrau doch wenigstens eines von Seide haben.““ 
„Gerade so dachte Bob auch. Weißt du aber auch wohl, was er sagte, als 
er im Zuchthause von seiner Hände Arbeit leben mußte? Bin ich nicht ein 
erzdummer Narr gewesen, sagte er, daß ich mir gerade die größten Narren zu 
Mustern gewählt habe? Ich dächte also, mein lieber Johann, wenn die Frau 
des Visitators kollerte, so müßte die des Thorschreibers Verstand genug besitzen, 
sich nach ihrer Decke zu strecken. Du thust aber wohl am besten, daß du das 
Heiraten noch eine Zeit lang aufschiebst. Denn wirklich sind es die Weiber oft, 
welche die Männer ins Zuchthaus bringen, und du könntest ohne das leicht dahin 
kommen, wenn du die Augen so oft verschlössest.“ 
Johann wurde Thorschreiber, aber er konnte nicht leben. Er heiratete 
die Kammerjungfer der Frau Kriegsrat und konnte nun erst recht nicht leben. 
Er that alle Tage zweimal die Augen zu und konnte doch alle die Mäntelchen 
von Seidenstoff, die seine junge Frau gebrauchte, nicht bezahlen. Sie betrog 
ihren Mann, und trotzdem konnte auch sie nicht leben. Sie kamen beide ins 
Zuchthaus. Nun konnten sie leben. Mach Justus Möser) 
Mit vielem hält man haus, mit venigem kommt man auch aus. 
— Wer sich nicht nach der Decke streckt, dem bleiben die Püsse unbe 
deckt. — Die Frau kann mit der Schürze mehr aus dem Hause tragen, 
als der Uann mit dem Erntewagen einfäbrt. 
Befiehl dem Herrn deine Wegel 
119. Das Handelshaus Gruit van Sleen. 
1. 
Das Handelshaus Gruit van Steen war im Beginne des siebzehnten 
Jahrhunderts eines der angesehensten, reichsten und festbegründetsten in Hamburg. 
Inhaber der Handlung war damals Herr Hermann Gruit, der nach dem Tode des 
ehrwürdigen Vaters mit der Handlung und dem Hause auch den alten Jansen als 
Erbstück überkommen hatte, einen goldtreuen Diener des Hauses, mit Leib und 
Seele wie sonst dem alten, nun dem jungen Herrn zugethan, den er schon als 
Kind auf den Knieen geschaukelt hatte. Wenige verstanden das Handelswesen da⸗ 
maliger Zeit bis in seine äußersten Verzweigungen so von Grund aus wie der 
alte Jansen; daher galt auch sein Wort in der Schreibstube wie das des Herrn selbst. 
N Visitator, Durchsucher, Besichtiger.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.