Full text: [Halbband 2 = (Für Ober-Tertia), [Schülerband]] (Halbband 2 = (Für Ober-Tertia), [Schülerband])

Ein schlichtes Marterholz, nicht leicht, allein 
so Ihm häßlich und gerecht nach Kraft und Maß: 
„Herr," rief er, „so du willst, dies Kreuz sei mein!" 
Und wie er's prüfend mit den Augen maß — 
Es war dasselbe, das er sonst getragen, 
Wogegen er zu murren sich vermaß. 
55 Er lud es auf und trug's nun sonder Klagen. 
63. Die Wallfahrt nach Kevlaar. 
Von Heinrich Heine. 
I. 
1. Am Fenster stand die Mutter, 
Im Bette lag der Sohn. 
„Willst du nicht aufstehn, Wilhelm, 
Zu schau'n die Prozession?" 
2. „Ich bin so krank, o Mutter, 
Daß ich nicht hör' und seh'; 
Ich denk' an das tote Gretchen, 
Ta tut das Herz mir weh." — 
3. „Steh auf,wir wollen nachKevlaar, 
Nimm Buch und Rosenkranz; 
Die Mutter Gottes heilt dir 
Dein krankes Herze ganz." 
4. Es flattern die Kirchenfahnen, 
Es singt im Kirchenton; 
Das ist zu Köllen am Rheine, 
Da geht die Prozession. 
5. Die Mutter folgt der Menge, 
Ten Sohn, den führet sie, 
Sie singen beide im Ehore: 
Gelobt seist du, Marie! 
6. Tie Mutter Gottes zu Kevlaar 
Trägt heut ihr bestes Kleid; 
Heut hat sie viel zu schaffen, 
Es kommen viel kranke Leut'. 
7. Die fransen Leute bringen 
Ihr dar als Opferspend' 
Aus Wachs gebildete Glieder, 
Viel wächserne Füß' und Händ'. 
8. Und wer eine Wachshand opfert, 
Den: heilt an der Hand die Wund'; 
II. 
Und wer einen Wachs fuß opfert, 
Dem wird der Fuß gesund. 
9. Nach Kevlaar ging mancher auf 
Krücken, 
Der jetzo tanzt auf dem Seil, 
Gar mancher spielt jetzt die Bratsche, 
Dem dort kein Finger war heil. 
19. Die Mutter nahm ein Wachs¬ 
licht 
Und bildete draus eilt Herz: 
Lehmann, Deutsches Lesebuch sür höhere Lehranstalten. IV. Teil. (Ober-Tertia.)
	        
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