Full text: [Band 4 = Unter-Tertia, [Schülerband]] (Band 4 = Unter-Tertia, [Schülerband])

schließlich an das Rusland verlor. Wohl versuchten noch Nürnberger, 
Ulmer und Rugsburger Großkaufleute sich an den Unternehmungen der 
Portugiesen und Spanier zu beteiligen, auch wurden von den Fuggern in 
Chile, von den Welsern in Venezuela Kolonien gegründet, aber alle Unter¬ 
nehmungen scheiterten nach vielen und großen Opfern an Geld und 
Menschen, vor allem wegen der Teilnahmlosigkeit der eigenen Lands¬ 
leute. Der Keim zum Niedergang war damit gelegt, und so erklärt es sich 
auch, daß es nur einem Teil der deutschen Städte gelang, als freie Städte 
oder Ueichsstädte ihre Selbständigkeit und reichsunmittelbare Stellung 
zu behaupten,- die übrigen wurden von dem Landesherrn unterworfen 
und traten in die Stellung von Landstädten ein. 
Wo Wohlstand ist, da gedeiht auch Wissenschaft und K u n st. Sn 
der Zeit ihrer Blüte und auch noch geraume Zeit später waren die Städte 
durch den Reichtum und den freien, offenen Sinn ihrer Bewohner oft 
der Drt freudiger und festlicher Veranstaltungen, vielfach aber auch der 
fjort von Künsten und Wissenschaft geworden. Der Bürger hielt Tur¬ 
nierspiel und üppige Feste ab, und statt der ritterlichen Heldengedichte und 
des süßen Minneliedes, die einst in Palas und Söller der Burgen er¬ 
klungen, ertönte jetzt nicht minder eifrig eine bürgerliche Poesie, aber in 
feierlichen Zunftstuben als handwerksmäßiger Meistergesang. Prak¬ 
tischer, nüchterner, phantasieloser mutete die neue Welt allerdings an als 
einst des Minnesangs Frühling und die Zeit des höfischen Rittertreibens. 
Das war die Wandlung, die immerhin mit dem Emporkommen des 
Dürgertums erfolgte. 
Sn der Zeit des Überganges vom Mittelalter zur Neuzeit ward das 
Dürgertüm auch der Träger des g e i st i g e n L e b e n s. Da Renaissance und 
Humanismus von Stalien aus nach Deutschland getragen worden sind, so 
finden wir beide am frühesten und lebhaftesten, an den herkömmlichen 
Stätten des Handelsverkehrs mit Stalien: in den Reichsstädten Schwabens, 
besonders in Rugsburg, ferner in Nürnberg und in geradezu überraschender 
Entfaltung auf der großen Verbindungsstraße Italiens mit den Nieder¬ 
landen, am Rheine. Line wahrhafte Fülle der Talente sprießt in 
diesen rheinischen Städten aus dem Boden. Ruch an kleinere 
Städte knüpft sich vielfach der Ruhm ihrer Söhne, so an Breiten, die 
Heimat Melanchthons, Pforzheim, die Geburtsstadt Reuchlins, und 
bchlettstadt, von wo neben anderen Wimpfeling seinen Rusgang nahm. 
Rus dieser so freundlichen Stellung zum Humanismus erklärt es sich 
wohl auch zum guten Teil, daß gerade in den Städten die Reformation ihre 
sicherste und früheste politische Vertretung fand, durchschnittlich früher als 
ln den landesherrlichen Gebieten, namentlich den Großstädten Süd¬ 
deutschlands, in Nürnberg, Rugsburg, Ulm, Straßburg,- hier traten die
	        
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