Full text: [Teil 8 = Klasse 2, [Schülerband]] (Teil 8 = Klasse 2, [Schülerband])

mentalbauten, indem er mit ganz persönlichem Eintreten für die Mittel 
sorgte, die Lässigen trieb, den Streit der Ressorts oder der Personen 
abschnitt. Er brachte bei Bauplänen die Sicherheit seines praktischen 
Blickes zur Geltung, von den historischen Gemälden im Zeughause 
forderte er genaue Treue: er überwachte die Richtigkeit der dargestellten 
Hergänge, der Trachten, die Auswahl der Porträtfiguren. Er betätigte 
dabei seine Pietät gegen seine Vorgänger wie gegen seine Mitkämpfer 
und seine Bescheidenheit — die eigene Gestalt, den eigenen Namen 
drängte er überall zurück und ließ statt des Königs das Vaterland in 
die Weihinschrift setzen; er betätigte zugleich seinen Sinn für das Ein¬ 
fache und Monumentale, ein natürliches Stilgefühl, das sich die Ver¬ 
mischung „von antikem Kostüm und nackten Figuren mit der modernen 
Kriegertracht" verbat. Ein Denkmal vor allem hat auch er sich errichtet, 
welches das persönlichste Wesen des Stifters und den Grundton seiner 
Epoche nicht minder sprechend auf die Nachwelt bringen wird, als es 
die charakteristischen Kunstschöpsungen eines Friedrich Wilhelms IV. oder 
Ludwigs von Bayern tun: an der „Ruhmeshalle" seines Heeres hat er 
von 1876 bis 1888 unablässig in eigenster Arbeit, anregend, befehlend, 
verbessernd mitgeschaffen. Der Künstler hatte die Ruhmeshalle mit 
ihren Kriegsgemälden und Büsten von der Waffensammlung des Zeug¬ 
hauses durch feste Wände trennen wollen: der Kaiser strich diese und 
ersetzte sie durch aufschließbare Gitter. „Das Volk in Waffen sollte 
nicht von den Fürsten- und Feldherrnsälen geschieden sein." Eine 
Ruhmeshalle, so faßte er, die Vorlage ändernd, den Ausdruck, sollte es 
sein „für die preußische Nation, aus der die Armee hervorgeht." Ganz 
gewiß, in diesen Räumen voll starker preußischer Erinnerungen, in der 
wuchtigen Schwere ihrer Architektur, ihrer großen Geselschapschen Fresken 
werden er und seine Zeit immerdar angeschaut werden, wie sonst nur 
etwa noch in den Bildern Adolf Menzels und Franz Lenbachs. Die 
Zukunft erst wird den Zusammenhang der geistigen Schöpfungen des 
Wilhelmischen Deutschlands mit den beherrschenden Zügen und Männern 
seines staatlich-nationalen Lebens ganz erkennen, und sicherlich wird sich 
ihr weit mehr als bereits uns die Gesamtheit der Epoche um die hohen 
Gestalten ihrer Führer ordnen. 
Was Kaiser Wilhelm in seinem letzten Jahrzehnte seinem Lande 
bedeutete, das empfindet man bereits heutzutage mit größerer Klarheit 
als damals selbst. Die Zuversicht, die uns damals erfüllte, wurzelte 
noch mehr, als wir es wußten, in seiner Person: deren Wegfall hat es 
erwiesen. Fehlen freilich ließ man es an Dankbarkeit und an Liebe 
schon gegen den Lebenden nicht. Sie strömte dem greisen Herrscher in 
unübersehbaren Fluten zu; er empfand es alle Tage, wenn beim Vor¬ 
überziehen der Wache der Jubel der Huldigungen an seinem Schlosse 
dahin rauschte und die Tausende einen Blick „der treuen Augen aus den
	        
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